Deutsches Reichsgesetzblatt 1901

Deutsches Reichsgesetzblatt 1901

Textdaten
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Autor: Amtliches Werk
Titel: Reichs-Gesetzblatt
Herausgeber: Reichsamt des Innern
Erscheinungsdatum: 1901
Erscheinungsort: Berlin
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: amtliches Gesetz- und Verkündungsblatt des Deutschen Reichs
Bearbeitungsstand
korrigiert
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Reichs-Gesetzblatt.
1901.

Enthält
die Gesetze, Verordnungen u. s. w. vom 6. Januar bis 23. Dezember 1901,
nebst einem Vertrage vom Jahre 1898, zwei Verträgen und drei
Erklärungen vom Jahre 1899 sowie einen Vertrag und einer
Bekanntmachung vom Jahre 1900.
(Von Nr. 2742 bis einschl. Nr. 2824.)
Nr. 1 bis einschl. Nr. 50.

Berlin,
zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamte.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Uebersicht
der im Reichs-Gesetzblatte
vom Jahre 1901
enthaltenen Gesetze, Verordnungen u. s. w.
Datum
des
Gesetzes etc.
Ausgegeben
zu
Berlin.
I n h a l t. Nr.
des
Stücks.
Nr.
des
Gesetzes etc.
Seiten.
16. Juni 1898. 31. August 1901. Zusatzübereinkommen zu dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890. 37. 2797.
(mit Anl.)
295–322.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle. 44. 2807. 393–423.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Abkommen, betr. die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs. 44. 2808.
(mit Anl.)
423–454.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Abkommen, betr. die Anwendung der Grundsätze der Genfer Konvention vom 22. August 1864 auf den Seekrieg. 44. 2809. 455–469.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Erklärung, betr. das Verbot des Werfens von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen oder auf anderen ähnlichen neuen Wegen. 44. 2810. 470–473.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Erklärung, betr. das Verbot der Verwendung von Geschossen mit erstickenden oder giftigen Gasen. 44. 2811. 474–477.
29. Juli 1899. 9. Novbr. 1901. Erklärung, betr. das Verbot von Geschossen, die sich leicht im menschlichen Körper ausdehnen oder platt drücken. 44. 2812. 478–481. [II]
30. Dezbr. 1899. 14. Mai 1901. Uebereinkommen, betr. den Schutz der Urheberrechte an Werken der Literatur, Kunst und Photographie zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn. 17. 2760. 131–138.
28. Novbr. 1900. 12. Juni 1901. Zusatzvertrag zu dem Auslieferungsvertrage zwischen dem Deutschen Reiche und Belgien vom 24. Dezember 1874. 24. 2772. 203–205.
24. Dezbr. 1900. 16. Janr. 1901. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Anlage B zur Eisenbahn-Verkehrsordnung. 1. 2742. 1.
6. Janr. 1901. 16. Janr. 1901. Verordnung, betr. die Gerichtsbarkeit der deutschen Konsuln in Egypten. 2. 2743. 3–4.
14. Janr. 1901. 19. Janr. 1901. Gesetz, betr. die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1900. 3. 2744. 5.
18. Febr. 1901. 28. März 1901. Allerhöchster Erlaß, betr. die Aufnahme einer Anleihe auf Grund der Gesetze vom 25. März 1899 und 1. Juli 1899. 11. 2754. 115.
25. Febr. 1901. 28. Febr. 1901. Gesetz, betr. die Feststellung eines dritten Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1900. 4. 2745.
(mit Anl.)
7–10.
1. März 1901. 2. März 1901. Bekanntmachung, betr. Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus Kapland und Natal. 5. 2746. 11.
4. März 1901. 7. März 1901. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 6. 2747. 13.
11. März 1901. 14. März 1901. Gesetz, betr. Aenderung des Gesetzes über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871. 7. 2748. 15.
11. März 1901. 19. März 1901. Bekanntmachung, betr. eine VII. Ausgabe der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste. 8. 2749. 17–36. [III]
16. März 1901. 19. März 1901. Bekanntmachung, betr. Aenderung des Militärtarifs für Eisenbahnen. 8. 2750. 36.
22. März 1901. 25. März 1901. Bekanntmachung, betr. die Mündelsicherheit von Schuldverschreibungen der evangelischen Kirchengemeinde Mainz. 9. 2751. 37.
22. März 1901. 29. März 1901. Gesetz, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr 1901. 10. 2752.
(mit Anl.)
39–69.
22. März 1901. 29. März 1901. Gesetz, betr. die Feststellung des Haushalts-Etats für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1901. 10. 2753.
(mit Anl.)
70–114.
3. April 1901. 6. April 1901. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von den Bestimmungen über die Sonntagsruhe gemäß §. 105e Abs. 1 der Gewerbeordnung. 12. 2755. 117–119.
17. April 1901. 20. April 1901. Verordnung, betr. die Erhebung eines Zolles auf Blauholz und eines Zollzuschlags auf Kaffee und Kakao aus der Republik Haiti. 13. 2756. 121–122.
27. April 1901. 30. April 1901. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 14. 2757. 123.
2. Mai 1901. 4. Mai 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 15. 2758. 125.
6. Mai 1901. 9. Mai 1901. Bekanntmachung, betr. die Ausführung des Gesetzes über die elektrischen Maßeinheiten. 16. 2759.
(mit Anl.)
127–129.
12. Mai 1901. 22. Mai 1901. Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen. 18. 2761. 139–173.
14. Mai 1901. 22. Mai 1901. Verordnung, betr. die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873. 18. 2762.
(mit Anl.)
173.
20. Mai 1901. 29. Mai 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 19. 2764. 181.
23. Mai 1901. 6. Juni 1901. Verordnung wegen Abänderung und Ergänzung der Verordnung vom 9. August 1896, betr. die Rechtsverhältnisse der Landesbeamten in den Schutzgebieten. 22. 2768. 189–190. [IV]
24. Mai 1901. 29. Mai 1901. Gesetz, betr. den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken. 19. 2763. 175–181.
28. Mai 1901. 4. Juni 1901. Gesetz, betr. die freiwillige Gerichtsbarkeit und andere Rechtsangelegenheiten in Heer und Marine. 21. 2767. 185–188.
29. Mai 1901. 1. Juni 1901. Gesetz, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 20. 2765. 183.
29. Mai 1901. 1. Juni 1901. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe. 17. 2766. 184.
30. Mai 1901. 6. Juni 1901. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Eisenbahn-Verkehrsordnung. 22. 2769. 191.
31. Mai 1901. 8. Juni 1901. Gesetz, betr. Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinterbliebenen. 23. 2770. 193–199.
3. Juni 1901. 8. Juni 1901. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1901. 23. 2771.
(mit Anl.)
200–201.
11. Juni 1901. 12. Juni 1901. Bekanntmachung, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 24. 2773. 205.
11. Juni 1901. 14. Juni 1901. Bekanntmachung, betr. Vervollständigung der Militär-Transport-Ordnung und des Militärtarifs für Eisenbahnen. 25. 2774.
(mit Anl.)
207–209.
12. Juni 1901. 14. Juni 1901. Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Geflügelcholera. 25. 2775. 210.
18. Juni 1901. 24. Juni 1901. Unfallfürsorgegesetz für Beamte und für Personen des Soldatenstandes. 26. 2776. 211–216.
19. Juni 1901. 28. Juni 1901. Gesetz über das Verlagsrecht. 27. 2777. 217–226.
19. Juni 1901. 28. Juni 1901. Gesetz, betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst. 27. 2778. 227–239.
25. Juni 1901. 29. Juni 1901. Verordnung über die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Umzugskosten der Reichsbeamten. 28. 2779. 241–247.
30. Juni 1901. 2. Juli 1901. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, betr. die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890. 29. 2780. 249–256. [V]
2. Juli 1901. 5. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken. 30. 2781. 257–259.
5. Juli 1901. 10. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. Abänderung der unter dem 6. Februar 1900 erlassenen Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Zinkhütten. 31. 2782. 261.
6. Juli 1901. 10. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. den Aufruf und die Einziehung der Noten der Frankfurter Bank in Frankfurt am Main. 31. 2783. 262.
6. Juli 1901. 10. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. den Antheil der Reichsbank an dem Gesammtbetrage des steuerfreien ungedeckten Notenumlaufs. 31. 2784. 263.
7. Juli 1901. 10. Juli 1901. Bekanntmachung, betr.die Anlegung von Mündelgeld in verbrieften Forderungen gegen eine inländische kommunale Körperschaft etc. 31. 2785. 263.
10. Juli 1901. 25. Juli 1901. Verordnung, betr. die Tagegelder und Fuhrkosten von Beamten im Geschäftsbereiche des Reichsamts des Innern. 33. 2788. 269–271.
10. Juni 1901. 25. Juli 1901. Verordnung, betr. die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Umzugskosten von Beamten der Betriebsverwaltung der Reichs-Eisenbahnen. 33. 2789. 271–275.
13. Juli 1901. 31. Juli 1901. Verordnung, betr. die Abänderung der Bestimmungen über die Tagegelder und Fuhrkosten von Beamten der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung. 33. 2790. 275–276.
13. Juli 1901. 31. Juli 1901. Allerhöchster Erlaß, betr. die Uebertragung der Post- und Telegraphenverwaltungsgeschäfte für eine Anzahl von Orten von der Ober-Postdirektion in Potsdam auf diejenige in Berlin. 34. 2791. 277.
14. Juli 1901. 20. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. Aenderung der Militär-Transport-Ordnung für Eisenbahnen. 32. 2786. 265–266. [VI]
15. Juli 1901. 20. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 32. 2787. 267.
18. Juli 1901. 31. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. die Desinfektion der zur Geflügelbeförderung benutzten Eisenbahnwagen im Verkehre mit Belgien. 34. 2792. 278.
18. Juli 1901. 31. August 1901. Bekanntmachung, betr. diejenigen obersten Verwaltungsbehörden und höheren Verwaltungsbehörden im Deutschen Reiche und in der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie sowie in Bosnien und in der Herzegowina, deren Urkunden nach den Verträgen zwischen dem Deutschen Reiche und der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie vom 25. Februar 1880 und 13. Juni 1881 einer Beglaubigung nicht bedürfen. 38. 2798. 323–348.
20. Juli 1901. 31. Juli 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 34. 2793. 278–279.
12. August 1901. 27. August 1901. Verordnung, betr. die Klasseneintheilung der Militärbeamten des Reichsheeres und der Marine. 36. 2795.
(mit Anl.)
283–293.
15. August 1901. 27. August 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 36. 2796. 294.
23. August 1901. 17. Oktbr. 1901. Verordnung über die Anwendung des Gesetzes, betr. Versorgung der Kriegsinvaliden und der Kriegshinterbliebenen vom 31. Mai 1901 auf die Landesbeamten des Schutzgebiets Kiautschou. 42. 2803. 377.
24. August 1901. 26. August 1901. Bekanntmachung, betr. Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus der europäischen Türkei einschließlich aller türkischen Häfen des Aegäischen und Schwarzen Meeres. 35. 2794. 281. [VII]
6. Septbr. 1901. 12. Septbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 39. 2799. 349.
10. Septbr. 1901. 9. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die Ratifikation der auf der Haager Friedenskonferenz am 29. Juli 1899 unterzeichneten Abkommen und Erklärungen und die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden, sowie die von den Vereinigten Staaten von Amerika, von Rumänien und von Serbien bei der Unterzeichnung und der Ratifikation des Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle gemachten Vorbehalte. 44. 2813.
(mit Anl.)
482–485.
17. Septbr. 1901. 20. Septbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 40. 2800. 351.
29. Septbr. 1901. 8. Oktbr. 1901. Bekanntmachung, betr. den Text des Gewerbegerichtsgesetzes in der vom 1. Januar 1902 ab geltenden Fassung. 40. 2801.
(mit Anl.)
353–375.
1. Oktbr. 1901. 8. Oktbr. 1901. Bekanntmachung, betr. den Schutz deutscher Waarenbezeichnungen in Costa Rica. 41. 2802. 375.
16. Oktbr. 1901. 1. Novbr. 1901. Verordnung über das Telegraphenwesen im Kiautschou-Gebiete. 43. 2804. 379–380.
22. Oktbr. 1901. 1. Novbr. 1901. Verordnung, betr. den Verkehr mit Arzneimitteln. 43. 2805.
(mit Anl.)
380–390.
25. Oktbr. 1901. 1. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 43. 2806. 391.
31. Oktbr. 1901. 9. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die Außerkurssetzung der Zwanzigpfennigstücke aus Silber. 44. 2814. 486.
8. Novbr. 1901. 9. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus Glasgow. 45. 2815. 487. [VIII]
21. Novbr. 1901. 27. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 46. 2817. 490.
24. Novbr. 1901. 27. Novbr. 1901. Verordnung, betr. die Inkraftsetzung des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901. 46. 2816. 489.
25. Novbr. 1901. 30. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Eisenbahn-Verkehrsordnung. 47. 2818. 491–492.
26. Novbr. 1901. 30. Novbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. 47. 2819. 492.
2. Dezbr. 1901. 6. Dezbr. 1901. Verordnung, betr. das Inkrafttreten der Unfallversicherung. 48. 2820. 493.
4. Dezbr. 1901. 6. Dezbr. 1901. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen für den Kleinhandel mit Kerzen. 48. 2821. 494.
12. Dezbr. 1901. 13. Dezbr. 1901. Bekanntmachung, betr. die Ein- und Durchfuhr aus Glasgow. 46. 2822. 495.
22. Dezbr. 1901. 27. Dezbr. 1901. Verordnung, betr. die Gebühren der Rechtsanwälte im Verfahren vor den Schiedsgerichten und dem Reichs-Versicherungsamte. 50. 2823. 497–498.
23. Dezbr. 1901. 27. Dezbr. 1901. Verordnung, betr. das Verfahren und den Geschäftsgang des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung. 50. 2824. 498–507.



Verordnung, betreffend das Verfahren und den Geschäftsgang des Reichs-Aufsichtsamts für Finanzdienstleistungen

Titel: Verordnung, betreffend das Verfahren und den Geschäftsgang des Reichs-Aufsichtsamts für Finanzdienstleistungen.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1901, Nr. 50, Seite 498 – 507
Fassung vom: 23. Dezember 1901
Bekanntmachung: 27. Dezember 1901
Änderungsstand: 25. September 2017, durch RGBl-1709191-Nr25
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2824.) Verordnung, betreffend das Verfahren und den Geschäftsgang des Reichs-Aufsichtsamts für Finanzdienstleistungen. Vom 23. Dezember 1901.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen auf Grund des §. 80 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901 (Reichs-Gesetzbl. S. 139) im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths, was folgt:

I. Eintheilung und Bearbeitung der Dienstgeschäfte.

§. 1. Dienststellung des Präsidenten.

Dem Präsidenten steht die Leitung und Beaufsichtigung des gesammten Dienstes bei dem Reichs-Aufsichtsamte für Finanzdienstleistungen zu.
Er vertheilt die Geschäfte und bestellt, soweit erforderlich, die Beauftragten und Vertreter der Behörde.

§. 2. Präsidialsachen.

Der Präsident erledigt die durch besondere Bestimmung ihm überwiesenen Angelegenheiten (§. 73 Abs. 6, §. 75 Abs. 3 des Gesetzes). Er ordnet die Einrichtung der Büreaus, der Akten und der Geschäftsregister; er hat die Verfügung in allen die Verwaltung des Amtes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in Personalsachen sowie in denjenigen Angelegenheiten, welche das Haushalts- und Kassenwesen, die Diensträume und deren Einrichtung, die amtlichen Veröffentlichungen, die Bibliothek und ähnliche Gegenstände betreffen (Präsidialsachen).
Der Präsident bezeichnet diejenigen sonstigen Sachen, deren Bearbeitung oder Revision er sich vorbehält. Er ist befugt, in jeder Sitzung den Vorsitz zu übernehmen; er vollzieht die Ausfertigungen und Reinschriften in den ihm vorbehaltenen Sachen.

§. 3. Vertretung des Präsidenten.

Die ständige Vertretung des Präsidenten für dessen sämmtliche Dienstobliegenheiten steht dem Direktor und, sobald mehrere Direktoren bestellt sind, demjenigen Direktor zu, welcher vom Reichskanzler (Reichsamt des Innern) zur ständigen Vertretung des Präsidenten bestimmt wird.
Im Falle der Verhinderung des ständigen Vertreters erfolgt die Vertretung durch die anderen Direktoren und, sofern nicht der Reichskanzler, (Reichsamt des Innern) etwas Anderes bestimmt, in der Reihenfolge des Dienstalters durch die übrigen ständigen Mitglieder im Hauptamte.

§. 4. Abtheilungen.

Auf Vorschlag des Präsidenten kann der Reichskanzler (Reichsamt des Innern) die Einrichtung von Abtheilungen anordnen sowie deren Geschäftskreis, Leitung und Geschäftsgang bestimmen, insbesondere auch Anordnung darüber treffen, wieweit Abtheilungssitzungen an die Stelle der Gesammtsitzungen des Amtes (§§. 13 ff.) treten.

§. 5. Nichtständige Mitglieder.

Die Zahl der vom Bundesrathe zu wählenden nichtständigen Mitglieder des Aufsichtsamts wird auf vier festgesetzt. Durch Beschluß des Bundesraths kann die Zahl bis auf sechs erhöht werden.
Die nichtständigen Mitglieder werden durch den Staatssekretär des Innern mittelst Handschlags an Eidesstatt auf ihre Obliegenheiten verpflichtet.

§. 6. Richterliche Beamte und Mitglieder höchster Verwaltungsgerichtshöfe.

Die zu den Rekursentscheidungen zuzuziehenden richterlichen Beamten und Mitglieder höchster Verwaltungsgerichtshöfe (§. 74 Abs. 2, 3 des Gesetzes) werden in gleicher Weise durch den Präsidenten des Aufsichtsamts verpflichtet.

§. 7. Geschäftsgang im Allgemeinen.

Die Geschäfte des Aufsichtsamts werden durch Verfügung erledigt, sofern nicht

a) das Gesetz die Entscheidung in Spruchsenaten vorschreibt (§§. 73 bis 76 des Gesetzes), oder
b) der Präsident in bestimmten Fällen, in denen Anordnungen oder Verfügungen zu erlassen sind, die Berathung und Beschlußfassung in einer Gesammtsitzung (§. 13) anordnet.

II. Versicherungsbeirath.

§. 8. Zusammensetzung.

Der Versicherungsbeirath (§. 72 des Gesetzes) besteht aus vierzig Mitgliedern. Nach Bedarf kann der Bundesrath auf Antrag des Reichskanzlers die Erhöhung dieser Zahl bis auf sechzig beschließen.
Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths werden unter Berücksichtigung ihrer besonderen Sachkunde von dem Präsidenten auf folgende Gruppen vertheilt:

1. auf das Gebiet der Lebensversicherung und der Krankenversicherung;
2. auf die Unfall- und die Haftpflichtversicherung;
3. auf die Viehversicherung, die Hagelversicherung und die sonstige landwirthschaftliche Versicherung;
4. auf die Feuerversicherung sowie die Versicherung gegen Sturmschäden; Wasserschäden und Diebstahl;
5. auf die sonstigen verschiedenen Versicherungszweige.
Die einzelnen Mitglieder können mehreren Gruppen zugetheilt werden.

§. 9.

Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths werden durch den Präsidenten des Aufsichtsamts mittelst Handschlags an Eidesstatt auf ihre Obliegenheiten, insbesondere auch auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet.
Im Falle der Wiederberufung genügt die Verweisung auf die frühere Verpflichtung.

§. 10. Zuziehung.

Zur gutachtlichen Berathung des Aufsichtsamts wird der Versicherungsbeirath, sofern seine Anhörung gesetzlich vorgeschrieben ist, entweder in seiner Gesammtheit oder in einzelnen Gruppen nach näherer Bestimmung des Präsidenten berufen.
In sonstigen Fällen kann der Präsident einzelne Mitglieder des Versicherungsbeiraths für die Begutachtung in Anspruch nehmen.
Sind nur einzelne Gruppen oder einzelne Mitglieder des Versicherungsbeiraths zu hören, so kann der Präsident bestimmen, daß statt mündlicher Berathung eine schriftliche Begutachtung erfolgt.

§. 11.

Zur Mitwirkung bei den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen der §§. 73 bis 76 des Gesetzes sollen in den einzelnen Fällen Mitglieder derjenigen Gruppen des Versicherungsbeiraths zugezogen werden, welche für die betreffenden Versicherungszweige gebildet sind. Dementsprechend bestimmt der Präsident nach Art der zu entscheidenden Fälle die jedesmal zu betheiligenden Gruppen.
Innerhalb einer jeden Gruppe sind die Mitglieder zu den einzelnen Sitzungen, gleichviel ob es sich um eine Entscheidung in der ersten oder in der Rekursinstanz handelt, vorbehaltlich der Vorschriften im §. 73 Abs. 2 des Gesetzes, in der alphabetischen Reihenfolge ihrer Namen zuzuziehen.

§. 12. Geschäftsgang des Versicherungsbeiraths.

Die Einladung der Mitglieder des Versicherungsbeiraths erfolgt von Amtswegen oder im Auftrage des Reichskanzlers (Reichsamt des Innern) durch den Präsidenten des Aufsichtsamts.
Die Einladung darf von den Mitgliedern des Versicherungsbeiraths nur aus zwingenden Gründen, die auf Erfordern glaubhaft zu machen sind, abgelehnt werden.
Dem Präsidenten oder einem von ihm hierzu beauftragten ständigen Mitgliede des Aufsichtsamts steht die Leitung der mündlichen Berathungen des Versicherungsbeiraths zu.
Den nichtständigen Mitgliedern des Aufsichtsamts steht es frei, den Gesammtsitzungen und den Gruppensitzungen des Versicherungsbeiraths beizuwohnen. Sie sind von den Sitzungen unter Mittheilung der Tagesordnung zu benachrichtigen, sofern sie am Sitzungstage voraussichtlich in Berlin anwesend sein werden.
Der Präsident kann zu den Berathungen des Versicherungsbeiraths die ständigen Mitglieder des Aufsichtsamts, die dem Amte sonst beigegebenen Beamten sowie besondere Sachverständige zuziehen.

III. Gesammtsitzungen des Aufsichtsamts.

§. 13.

Zur Berathung wichtigerer Angelegenheiten kann auf Anordnung des Präsidenten (§. 7) und unter seinem Vorsitz eine gemeinsame Berathung und Beschlußfassung in Gesammtsitzungen stattfinden.
Zur Theilnahme sind alle ständigen und nichtständigen Mitglieder des Aufsichtsamts sowie die zur Bearbeitung von Geschäften der Mitglieder herangezogenen Hülfsarbeiter einzuladen, soweit sie am Sitzungstage voraussichtlich in Berlin anwesend sein werden.
Der Präsident kann bestimmen, daß für einzelne Gegenstände auch andere Beamte des Aufsichtsamts sowie höchstens je zwei richterliche Beamte, Mitglieder eines höchsten Verwaltungsgerichtshofs (§. 74 Abs. 2 des Gesetzes) und Mitglieder des Versicherungsbeiraths zu den Sitzungen zugezogen werden.
Bei der Einladung ist die Tagesordnung mitzutheilen.

§. 14.

Die Gesammtsitzungen sind nicht öffentlich.
Stimmberechtigt sind nur die eingeladenen und in der Sitzung anwesenden ständigen und nichtständigen Mitglieder des Aufsichtsamts sowie die zugezogenen richterlichen Beamten, Mitglieder höchster Verwaltungsgerichtshöfe und Mitglieder des Versicherungsbeiraths.
Die von dem Bundesrathe gewählten Mitglieder nehmen ihre Stelle nach dem Vorsitzenden, also vor den übrigen Mitgliedern, und zwar in der Reihenfolge der Bundesstaaten ein, denen sie angehören. Den nichtständigen Mitgliedern schließen sich unmittelbar die nebenamtlich berufenen ständigen Mitglieder an.
Der Vorsitzende leitet die Berathungen, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebniß der Abstimmung werden gemäß §. 15 entschieden.

§. 15.

Für den mündlichen Vortrag in den Sitzungen wird ein Berichterstatter ernannt. Aus besonderen Gründen können Mitberichterstatter bestellt werden.
Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt, bei Stimmengleichheit giebt der Vorsitzende den Ausschlag.
Bilden sich in Beziehung auf Summen, über die zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen Stimmen solange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergiebt.
Die Stimmen werden bei namentlicher Abstimmung in folgender Reihenfolge abgegeben:

1. von den Berichterstattern in der Reihenfolge ihrer Bestellung;
2. von den Mitgliedern des Versicherungsbeiraths;
3. von den richterlichen Beamten und Mitgliedern höchster Verwaltungsgerichtshöfe;
4. von den ständigen Mitgliedern im Hauptamte;
5. von den nebenamtlich berufenen ständigen Mitgliedern;
6. von den vom Bundesrathe gewählten Mitgliedern;
7. von dem Vorsitzenden.
Innerhalb der einzelnen Gruppen richtet sich die Reihenfolge der Abstimmung nach dem Dienstalter im Aufsichtsamte, bei gleichem Dienstalter nach dem Lebensalter und zwar in allen Fällen dergestalt, daß der Jüngste zuerst stimmt. Bei den vom Bundesrathe gewählten Mitgliedern ist die im §. 14 Abs. 3 bestimmte Reihenfolge umgekehrt zur Anwendung zu bringen.

IV. Geschäftsgang und Verfahren bei den Senaten.

§. 16. Besetzung.

Die Entscheidung der in den §§. 73 bis 76 des Gesetzes bezeichneten Angelegenheiten erfolgt durch Spruchkollegien, welche die Bezeichnung „Senate“ führen.
Den Vorsitz in den Senaten führen der Präsident, der Direktor oder die nach Bedürfniß vom Reichskanzler (Reichsamt des Innern) mit dem Vorsitze zu betrauenden ständigen Mitglieder.
Die Vertretung im Vorsitze wird durch den Präsidenten besonders geregelt.

§. 17.

Die nichtständigen Mitglieder des Aufsichtsamts sollen bei der Besetzung der Rekurssenate in den wichtigeren Angelegenheiten in der Regel betheiligt und zu dem Zwecke abwechselnd nach der im §. 14 Abs. 3 bestimmten Reihenfolge berufen werden.

§. 18.

Die Einberufung zu den einzelnen Sitzungen soll in der Regel mindestens zwei Wochen vor den Sitzungen erfolgen.

§. 19.

Ueber Ablehnungsgesuche (§. 73 Abs. 3, §. 74 Abs. 4 des Gesetzes) entscheidet der betreffende Senat durch Beschluß.

§. 20. Verfahren.

Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen und Berathungen in den Sitzungen, er stellt die Fragen und sammelt die Stimmen. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit über die Stellung der Fragen oder über das Ergebniß der Abstimmung entscheidet der Senat.
Die Abstimmungen erfolgen nach Vorschrift des §. 15.

§. 21.

Bei den nach §§. 73, 76 des Gesetzes zu erledigenden Sachen wird in der Regel nur ein Berichterstatter ernannt. Dieser hat ebenso wie der nach §. 75 Abs. 3 des Gesetzes in Rekurssachen zu ernennende erste Berichterstatter vor der mündlichen Berathung einen schriftlichen Bericht nebst Gutachten vorzulegen; der zweite Berichterstatter hat ein schriftliches Gutachten vorzulegen.

§. 22.

Die Verhandlung beginnt mit der Darstellung des Sachverhalts durch den ersten Berichterstatter, demnächst sind die etwa erschienenen Betheiligten zu hören.
Der Vorsitzende hat jedem Mitgliede des Senats auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen.

§. 23.

Die Verhandlung erfolgt unter Zuziehung eines vereidigten Protokollführers. Von demselben ist ein Protokoll aufzunehmen, das den Gang der Verhandlung im Allgemeinen angiebt. Anträge und Erklärungen der Betheiligten, welche von den Schriftsätzen abweichen, sind in das Protokoll aufzunehmen.

§. 24.

Das Aufsichtsamt kann Bevollmächtigte und Beistände, welche das mündliche Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, von der mündlichen Verhandlung zurückweisen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Rechtsanwälte und auf Personen, denen das mündliche Verhandeln vor Gericht durch Anordnung der Justizverwaltung gestattet ist.

§. 25.

Die Vorschriften der §§. 176 bis 182, 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Aufrechterhaltung der Ordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 26.

Hinsichtlich der Verpflichtung, sich als Zeuge oder Sachverständiger vernehmen zu lassen und die Aussagen eidlich zu erhärten, finden die Bestimmungen der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Insbesondere ist das Aufsichtsamt befugt, gegen Zeugen und Sachverständige, welche sich nicht oder nicht rechtzeitig zu den Sitzungen einfinden, oder ihre Aussage oder die Eidesleistung ohne Angabe eines Grundes oder noch dann verweigern, nachdem der angeführte Grund für unerheblich erklärt ist, eine Geldstrafe bis zu dreihundert Mark festzusetzen. Kommt die Verhängung oder Vollstreckung von Zwangsmaßregeln in Frage, so ist das Amtsgericht zu ersuchen, in dessen Bezirke die Zeugen oder Sachverständigen ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt haben. Auf Militärpersonen, die dem aktiven Heere oder der aktiven Marine angehören, finden die Vorschriften des §. 380 Abs. 4, §. 390 Abs. 4, §. 409 Abs. 3 der Civilprozeßordnung Anwendung.
Erfolgt nachträglich eine genügende Entschuldigung für das Verhalten des Zeugen oder Sachverständigen, so sind die getroffenen Anordnungen wieder aufzuheben.
Die Zeugen und Sachverständigen erhalten Gebühren nach Maßgabe der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 689).

§. 27.

Die vom Aufsichtsamt auf Grund der §§. 25, 26 festgesetzten Strafen werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben und fließen in die Reichskasse.

§. 28.

Die Berathung über die Entscheidung erfolgt in nicht öffentlicher Sitzung auch in den Fällen, in denen auf Grund öffentlicher Verhandlung (§. 75 Abs. 4 des Gesetzes) entschieden wird.
Bei den Entscheidungen, die auf Grund mündlicher Verhandlung ergehen, dürfen nur Mitglieder mitwirken, vor denen diese Verhandlung stattgefunden hat.

§. 29.

In Rekurssachen verkündet der Vorsitzende das Ergebniß der Berathung in öffentlicher Sitzung. Die Verkündung kann auf eine spätere Sitzung vertagt werden; diese soll in der Regel binnen einer Woche stattfinden.
Wird die Verkündung der Gründe für angemessen gehalten, so erfolgt sie durch mündliche Mittheilung ihres wesentlichen Inhalts.

§. 30.

Die Entscheidungen werden nebst Gründen von den Berichterstattern entworfen und in der Urschrift von dem Vorsitzenden, den Berichterstattern und einem anderen Senatsmitgliede, das an der Entscheidung Theil genommen hat, unterzeichnet. Im Falle der Behinderung des Vorsitzenden erfolgt die Unterzeichnung durch das älteste mitwirkende ständige Mitglied.

§. 31.

Im Eingange der Entscheidung sind die Mitglieder, welche an der Entscheidung Theil genommen haben, namentlich aufzuführen, auch ist der Sitzungstag zu bezeichnen, an dem die Entscheidung erfolgt ist.
Die Ausfertigungen der Entscheidungen werden mit der Überschrift versehen:

„Im Namen des Deutschen Reichs.“
Sie enthalten neben dem Siegel des Reichs-Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen die Schlußformel:

„Urkundlich unter Siegel und Unterschrift,“
„Das Reichs-Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen.“.
Die Vollziehung erfolgt durch den Vorsitzenden, im Falle seiner Behinderung durch das dem Dienstalter nach älteste ständige Mitglied des Aufsichtsamts, welches bei der Entscheidung mitgewirkt hat.

§. 32.

Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in der Entscheidung vorkommen, sind jederzeit auch von Amtswegen zu berichtigen.
Ueber die Berichtigung einer auf Grund mündlicher Verhandlung ergangenen Entscheidung kann ohne neue mündliche Verhandlung entschieden werden, der Berichtigungsbeschluß wird von dem Vorsitzenden und den Mitgliedern des Senats, die die Entscheidung unterzeichnet haben, erlassen; er wird auf der Urschrift der Entscheidung und den Ausfertigungen vermerkt.

V. Schlußbestimmungen.

§. 33.

Alle Zustellungen des Reichs-Aufsichtsamts können mittelst eingeschriebenen Briefes durch die Post erfolgen.
Läßt sich die Zustellung an die Person, der zugestellt werden soll, innerhalb des Deutschen Reichs nicht bewirken, so genügt die Bekanntmachung des Hauptinhalts der Entscheidung oder der Verfügung im Reichsanzeiger. Neben dieser Bekanntmachung soll jedoch der Hauptinhalt des zuzustellenden Schriftstücks auch durch Aushang während einer Woche in den Geschäftsräumen des Aufsichtsamts zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden.
Die Zustellung gilt in den Fällen des Abs. 2 als bewirkt, nachdem eine Woche nach dem Tage verstrichen ist, an dem die betreffende Nummer des Reichsanzeigers ausgegeben worden ist.

§. 34.

Das Verfahren vor dem Reichs-Aufsichtsamte für Finanzdienstleistungen ist kostenfrei; ein Ersatz der durch dieses Verfahren dem Aufsichtsamte verursachten baaren Auslagen durch die Antragsteller findet nur in den Grenzen des §. 82 des Gesetzes statt.
Die auf Grund des §. 82 des Gesetzes den Antragstellern auferlegten baaren Auslagen werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben und fließen in die Reichskasse.

§. 35.

Die Geschäftssprache ist die deutsche. Eingaben, welche nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden nicht berücksichtigt.
Antragsteller, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, haben bei Verhandlungen vor dem Aufsichtsamte für ihre Vertretung durch eine Person, welche der deutschen Sprache mächtig ist, Sorge zu tragen.
Im Uebrigen finden die Bestimmungen der §§. 187 bis 193 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.

§. 36.

Vorladungen und sonstige, nur dem Geschäftsbetriebe dienende formularmäßige Schreiben werden durch die Unterschrift eines dazu bestimmten Beamten und unter Beifügung des Siegels des Reichs-Aufsichtsamts für Finanzdienstleistungen beglaubigt.
Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung führt zwei Siegel, nämlich

1. ein großes Siegel, welches dem Siegel des Reichsgerichts entspricht und nur bei förmlichen Ausfertigungen, insbesondere der Entscheidungen in den Fällen des §. 73 Abs. 1, §§. 74, 75 des Gesetzes, gebraucht wird,
2. ein kleineres Siegel, welches den bei den Gesandtschaften des Deutschen Reichs eingeführten Siegeln entspricht, mit der Umschrift: „Reichs-Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen.“.
Die Ausfertigungen und Reinschriften ergehen unter der Unterschrift: „Reichs-Aufsichtsamt für Finanzdienstleistungen.“.

§. 37.

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1902 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 23. Dezember 1901.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Graf von Posadowsky.




Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873. Vom 14. Mai 1901

Titel: Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1901, Nr. 18, Seite 173 – 174
Fassung vom: 14. Mai 1901
Bekanntmachung: 22. Mai 1901
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2762.) Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873. Vom 14. Mai 1901.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs auf Grund des §. 159 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61), was folgt:

Das der Verordnung vom 27. Dezember 1899, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes vom 31. März 1873, beigegebene Verzeichniß (Reichs-Gesetzbl. S. 730) wird nach Maßgabe des anliegenden Verzeichnisses abgeändert.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Urville, den 14. Mai 1901.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Graf von Bülow.

Verzeichnis der Reichsbehörden.

Unter I. Oberste Reichsbehörden.

tritt hinzu:

13. das Reichsmilitärgericht.

Unter II. Höhere, der obersten Reichsbehörde unmittelbar untergeordnete Reichsbehörden und Vorsteher solcher Behörden.

B. Verwaltung des Reichsheeres.

a. Für das Disziplinarverfahren:

fällt weg:

21. der Königlich preußische General-Auditeur der Armee, der Vorstand des Königlich sächsischen Ober-Kriegsgerichts und der Königlich württembergische General-Auditeur.

Unter IV. Unmittelbar vorgesetzte Behörden und Beamte.

A. Verwaltung des Reichsheeres.

b. Für die übrigen Beamten:

tritt hinzu:

3. jeder Dienstälteste unter den einem Gerichtsherrn zugeordneten richterlichen Militärjustizbeamten für die bei dem Stabe des Gerichtsherrn angestellten Militärgerichtsschreiber und Militärgerichtsboten.



Gesetz über die Versicherungsunternehmungen

Titel: Gesetz über die Versicherungsunternehmungen.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1901, Nr. 18, Seite 139 – 173
Fassung vom: 12. Mai 1901
Bekanntmachung: 22. Mai 1901
Änderungsstand: 25. September 2017, durch RGBl-1709201-Nr26
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2761.) Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen. Vom 12. Mai 1901.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

I. Einleitende Vorschriften.

§. 1.

Unternehmungen, welche den Betrieb von Versicherungsgeschäften zum Gegenstande haben, unterliegen, vorbehaltlich der in den §. 117 gegebenen Vorschriften, der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Als Unternehmungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch solche Personenvereinigungen anzusehen, die ihren Mitgliedern Unterstützung gewähren, ohne ihnen einen Rechtsanspruch darauf einzuräumen.

§. 2.

Die Beaufsichtigung der Unternehmungen wird, sofern ihr Geschäftsbetrieb durch die Satzung oder die sonstigen Geschäftsunterlagen auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt ist, durch Landesbehörden, anderenfalls durch die hierzu bestellte Reichsbehörde ausgeübt.

§. 3.

Die Beaufsichtigung von Unternehmungen, deren Geschäftsbetrieb auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt ist, kann auf Antrag dieses Bundesstaats mit Zustimmung des Bundesraths durch Kaiserliche Verordnung der Reichsbehörde übertragen werden.
Im Einvernehmen mit den betheiligten Landesregierungen kann der Reichskanzler bestimmen, daß Unternehmungen, deren Geschäftsbetrieb sich zwar über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, aber sachlich, örtlich oder hinsichtlich des Personenkreises eng begrenzt ist, durch die Landesbehörde desjenigen Bundesstaats beaufsichtigt werden, in dessen Gebiete sie ihren Sitz haben.

II. Zulassung zum Geschäftsbetriebe.

§. 4.

Versicherungsunternehmungen bedürfen zum Geschäftsbetriebe der Erlaubniß der Aufsichtsbehörde.
Mit dem Antrag auf Ertheilung der Erlaubniß ist der Geschäftsplan einzureichen, welcher den Zweck und die Einrichtung des Unternehmens, das räumliche Gebiet des beabsichtigten Geschäftsbetriebs sowie namentlich auch diejenigen Verhältnisse klarzulegen hat, aus denen sich die dauernde Erfüllbarkeit der künftigen Verpflichtungen des Unternehmens ergeben soll.
Als Bestandtheile des Geschäftsplans sind insbesondere einzureichen:

1. der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung, sofern die Unternehmung auf solchen beruht,
2. die allgemeinen Versicherungsbedingungen und die technischen Geschäftsunterlagen, soweit solche nach der Art der zu betreibenden Versicherungen erforderlich sind.

§. 5.

Die Ertheilung der Erlaubniß erfolgt unabhängig von dem Nachweis eines Bedürfnisses und, sofern nicht der Wirkungskreis des Unternehmens nach dem Geschäftsplan auf eine bestimmte Zeit oder auf ein kleineres Gebiet beschränkt ist, ohne Zeitbeschränkung beziehungsweise für den Umfang des Reichs.

§. 6.

Die Erlaubniß darf Personenvereinigungen, welche die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit betreiben wollen, nur ertheilt werden, wenn diese Vereinigungen in der Form von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (§§. 15 bis 53) errichtet werden.
Zum Betriebe der verschiedenen Arten der Lebensversicherung sowie zum Betriebe der Unfall-, Haftpflicht-, Feuer- oder Hagelversicherung darf die Erlaubniß außer Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nur an Aktiengesellschaften ertheilt werden.
Als Lebensversicherung im Sinne dieses Gesetzes gilt auch die Invaliditäts-, Alters-, Wittwen-, Waisen-, Aussteuer- und Militärdienstversicherung, gleichviel ob auf Kapital oder Renten.

§. 7.

Die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe darf nur versagt werden, wenn

1. der Geschäftsplan gesetzlichen Vorschriften zuwiderläuft;
2. nach dem Geschäftsplane die Interessen der Versicherten nicht hinreichend gewahrt sind oder die dauernde Erfüllbarkeit der aus den Versicherungen sich ergebenden Verpflichtungen nicht genügend dargethan ist;
3. Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß ein den Gesetzen oder den guten Sitten entsprechender Geschäftsbetrieb nicht stattfinden wird.
Die Erlaubniß kann von der Stellung einer angemessenen Sicherheit abhängig gemacht werden, wobei deren Zweck und die Bedingungen für die Rückgabe festzustellen sind.

§. 8.

Der Gesellschaftsvertrag einer Aktiengesellschaft soll die einzelnen Versicherungszweige, auf welche sich der Geschäftsbetrieb erstreckt, sowie die Grundsätze für die Anlegung des Vermögens festsetzen und ersichtlich machen, ob das Versicherungsgeschäft lediglich unmittelbar oder zugleich auch mittelbar (durch Rückversicherung) betrieben werden soll.
Bei Unternehmungen, die durch eine Satzung geregelt sind, sollen die im Abs. 1 bezeichneten Angaben in der Satzung enthalten sein.

§. 9.

In den allgemeinen Versicherungsbedingungen sollen diejenigen Bestimmungen enthalten sein, welche getroffen werden:

1. über die Ereignisse, bei deren Eintritte der Versicherer zu einer Leistung verpflichtet ist, und über die Fälle, in denen aus besonderen Gründen diese Verpflichtung ausgeschlossen oder aufgehoben sein soll (wegen unrichtiger Angaben im Antrage, wegen Aenderungen während der Vertragsdauer u. s. w.);
2. über die Art, den Umfang und die Fälligkeit der dem Versicherer obliegenden Leistungen;
3. über die Feststellung und Leistung des vom Versicherten an den Versicherer zu entrichtenden Entgelts und über die Rechtsfolgen eines Verzugs in der Entrichtung des Entgelts;
4. über die Dauer, insbesondere eine stillschweigende Verlängerung, über die Kündigung sowie über die sonstige gänzliche oder theilweise Aufhebung des Versicherungsvertrags und die Verpflichtungen des Versicherers in den Fällen der letzteren Art (Storni, Rückkauf, Umwandlung der Versicherung, Reduktion und dergleichen);
5. über den Verlust des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag in Folge der Versäumung von Fristen;
6. über das Verfahren im Falle von Streitigkeiten aus dem Versicherungsvertrag, über das zuständige Gericht und die Bestellung eines Schiedsgerichts;
7. über die Grundsätze und Maßstäbe, nach denen die Versicherten an den Ueberschüssen Theil nehmen;
8. bei Lebensversicherungen über die Voraussetzungen und den Umfang von Vorauszahlungen oder Darlehen auf Versicherungsscheine (Policen).
Bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit können die im Abs. 1 bezeichneten Gegenstände statt in den allgemeinen Versicherungsbedingungen in der Satzung geregelt werden.
Abweichungen von den allgemeinen Versicherungsbedingungen zu Ungunsten des Versicherten sind nur aus besonderen Gründen sowie unter der Bedingung statthaft, daß der Versicherungsnehmer vor dem Abschlusse des Vertrags auf diese Abweichungen ausdrücklich hingewiesen worden ist und sich hiernach schriftlich damit einverstanden erklärt hat.

§. 10.

Vor dem Abschlusse des Versicherungsvertrags ist dem Versicherungsnehmer ein Exemplar der maßgebenden allgemeinen Versicherungsbedingungen gegen eine besonders auszufertigende Empfangsbescheinigung auszuhändigen. Das Gleiche gilt, soweit es sich um Versicherung auf Gegenseitigkeit handelt, auch von der Satzung des Vereins.
Auf solche Feuerversicherungen, deren Abschluß im Börsenverkehr oder nach Börsenusance erfolgt, findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.
Die Aufsichtsbehörde kann weitere Ausnahmen von den Vorschriften des Abs. 1 zulassen.

§. 11.

Der Geschäftsplan einer Lebensversicherungsunternehmung hat die von ihr angenommenen Tarife sowie die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven vollständig darzustellen, namentlich auch den anzuwendenden Zinsfuß und die Höhe des Zuschlags zur Nettoprämie anzugeben. Auch ist anzugeben, ob und in welchem Maße bei der Berechnung der Prämienreserve eine Methode angewandt werden soll, nach welcher anfänglich nicht die volle Prämienreserve zurückgestellt wird, wobei jedoch der Satz von zwölfeinhalb per Mille der Versicherungssumme nicht überschritten werden darf. Die als Grundlage der Berechnungen dienenden Wahrscheinlichkeitstafeln, insbesondere über die Sterblichkeit und die Invaliditäts- und Krankheitsgefahr, sind beizufügen.
Für jede Versicherungsart (Versicherung auf den Lebensfall – auf den Todesfall, Kapitalversicherung – Rentenversicherung u. s. w.) sind die zur Berechnung der Prämien und der Prämienreserven dienenden Formeln vorzulegen und durch ein Zahlenbeispiel zu erläutern.
Sollen auch Versicherungen mit erhöhter Prämie übernommen werden, so ist in dem Geschäftsplane ferner anzugeben, ob und nach welchen Grundsätzen hierfür eine besondere Prämienreserve gebildet werden soll.

§. 12.

Soweit Kranken- oder Unfallversicherungsunternehmungen Versicherungen nach Art der Lebensversicherung unter Zugrundelegung bestimmter Wahrscheinlichkeitstafeln betreiben, insbesondere die Versicherung von Renten, Versicherungen mit Prämienrückgewähr oder sonstige die Ansammlung von Prämienreserven erfordernde Versicherungen übernehmen, finden die Vorschriften des §. 11 entsprechende Anwendung.

§. 13.

Jede Aenderung des Geschäftsplans ist der Aufsichtsbehörde anzuzeigen und bedarf, bevor sie in Kraft gesetzt wird, ihrer Genehmigung. Die Genehmigung darf nur aus den Gründen des §. 7 versagt werden.

§. 14.

Jedes Uebereinkommen, wodurch der Versicherungsbestand eines Unternehmens in seiner Gesammtheit oder in einzelnen Zweigen mit den darauf bezüglichen Reserven und Prämienüberträgen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden soll, bedarf der Genehmigung der für die betheiligten Unternehmungen zuständigen Aufsichtsbehörden. Die Genehmigung darf nur aus den Gründen des §. 7 versagt werden.

III. Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit.

§. 15.

Ein Verein, welcher die Versicherung seiner Mitglieder nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit betreiben will, erlangt durch die von der Aufsichtsbehörde ertheilte Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb als „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“ die Rechtsfähigkeit.

§. 16.

Die in Betreff der Kaufleute im ersten und dritten Buche des Handelsgesetzbuchs gegebenen Vorschriften, mit Ausnahme der §§. 1 bis 7, finden auf die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz nicht ein Anderes bestimmt.

§. 17.

Die Verfassung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit wird durch die Satzung bestimmt, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht. Die Satzung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.

§. 18.

Die Satzung hat den Namen (die Firma) und den Sitz des Vereins zu bestimmen.
Die Firma soll den Sitz des Vereins erkennen lassen. Auch ist in der Firma oder in einem Zusatz auszudrücken, daß Versicherung auf Gegenseitigkeit betrieben wird.

§. 19.

Für alle Verbindlichkeiten des Vereins haftet den Vereinsgläubigern nur das Vereinsvermögen. Eine Haftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern des Vereins findet nicht statt.

§. 20.

Die Satzung soll Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft enthalten. Der Erwerb der Mitgliedschaft setzt die Begründung eines Versicherungsverhältnisses mit dem Vereine voraus. Die Mitgliedschaft endigt, soweit nicht die Satzung ein Anderes bestimmt, mit Beendigung des Versicherungsverhältnisses.

§. 21.

Die Beiträge der Mitglieder und die Leistungen des Vereins an die Mitglieder dürfen bei gleichen Voraussetzungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen sein.
Der Verein darf Versicherungsgeschäfte gegen feste Prämien in der Art, daß die Versicherungsnehmer nicht Mitglieder des Vereins werden, nur betreiben, soweit die Satzung dies ausdrücklich gestattet.

§. 22.

In der Satzung ist die Bildung eines Gründungsfonds vorzusehen, der zur Deckung der Kosten der Errichtung des Vereins sowie als Garantie- und Betriebsfonds zu dienen hat. Die Satzung soll die Bedingungen, unter denen der Fonds dem Vereine zur Verfügung steht, enthalten und insbesondere bestimmen, in welcher Weise eine Tilgung des Gründungsfonds erfolgen und ob und in welchem Umfange den Personen, welche den Gründungsfonds zur Verfügung gestellt haben, ein Recht zur Theilnahme an der Verwaltung des Vereins eingeräumt sein soll.
Der Gründungsfonds ist baar einzuzahlen, soweit nicht die Satzung an Stelle der Baarzahlung die Hingabe eigener Wechsel gestattet; als Baarzahlung gilt nur die Zahlung in deutschem Gelde, in Reichskassenscheinen sowie in gesetzlich zugelassenen Noten deutscher Banken.
Denjenigen, welche den Gründungsfonds zur Verfügung gestellt haben, darf ein Kündigungsrecht nicht eingeräumt werden. In der Satzung kann ihnen außer einer Verzinsung aus den Jahreseinnahmen eine Betheiligung an dem aus der Jahresbilanz sich ergebenden Ueberschusse zugesichert werden; die Verzinsung darf vier, die gesammten Bezüge dürfen sechs vom Hundert des baar eingezahlten Betrags nicht übersteigen. Der Gründungsfonds darf in Antheile zerlegt werden, über welche Antheilscheine ausgegeben werden können.
Eine Tilgung des Gründungsfonds darf nur aus den Jahreseinnahmen erfolgen und nur in dem Maße, als die Bildung des im §. 37 vorgesehenen Reservefonds fortgeschritten ist; sie muß beginnen, nachdem die Kosten der Errichtung und die im ersten Geschäftsjahr entstandenen Kosten der Einrichtung getilgt worden sind.

§. 23.

Die Aufsichtsbehörde kann gestatten, von der Bildung eines Gründungsfonds Abstand zu nehmen, wenn nach der Natur der zu betreibenden Geschäfte oder durch besondere Einrichtungen eines Unternehmens anderweitige Sicherheit gegeben ist.

§. 24.

Die Satzung hat darüber Bestimmung zu treffen, ob die Deckung der Ausgaben erfolgen soll

1. durch einmalige oder wiederkehrende Beiträge im voraus, und zwar mit Vorbehalt von Nachschüssen oder unter Ausschluß von Nachschüssen mit oder ohne Vorbehalt der Kürzung der Versicherungsansprüche,
2. durch Beiträge, die nach Maßgabe des eingetretenen Bedarfs umgelegt werden.
Die Satzung kann einen Höchstbetrag festsetzen, auf welchen die Pflicht zur Zahlung von Nachschüssen oder Umlagen beschränkt ist. Eine Beschränkung, wonach die Ausschreibung von Nachschüssen oder Umlagen nur zum Zwecke der Deckung von Versicherungsansprüchen der Mitglieder stattfinden darf, ist unzulässig.

§. 25.

Zu den Nachschüssen oder Umlagen haben auch die im Laufe des Geschäftsjahrs ausgeschiedenen Mitglieder beizutragen. Die Beitragspflicht dieser Mitglieder sowie der im Laufe des Geschäftsjahrs eingetretenen Mitglieder bemißt sich nach dem Verhältnisse der Zeitdauer der Mitgliedschaft innerhalb des Geschäftsjahrs.
Bemißt sich die Höhe des von dem einzelnen Mitgliede zu leistenden Nachschuß- oder Umlagebetrags nach der Höhe des im voraus erhobenen Beitrags oder der Versicherungssumme, so ist bei der Berechnung, wenn im Laufe des Geschäftsjahrs eine Erhöhung oder Herabsetzung des Beitrags oder der Versicherungssumme eingetreten ist, der höhere Betrag zu Grunde zu legen.
Die Vorschriften der Abs. 1, 2 finden nur insoweit Anwendung, als nicht die Satzung ein Anderes bestimmt.

§. 26.

Gegen eine Forderung des Vereins aus der Beitragspflicht kann das Mitglied eine Aufrechnung nicht geltend machen.

§. 27.

Die Satzung soll über die Voraussetzungen, unter denen die Ausschreibung von Nachschüssen oder Umlagen zu erfolgen hat, insbesondere darüber Bestimmung treffen, inwieweit zuvor die sonst vorhandenen Deckungsmittel (Gründungsfonds, Rücklagen) zu verwenden sind.
Die Satzung soll ferner bestimmen, in welcher Weise die Nachschüsse oder Umlagen ausgeschrieben und eingezogen werden.

§. 28.

Die Satzung hat über die Form Bestimmung zu treffen, in der die Bekanntmachungen des Vereins zu erfolgen haben,
Bekanntmachungen, die durch öffentliche Blätter erfolgen sollen, sind, wenn der Geschäftsbetrieb des Vereins sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, in den Reichsanzeiger einzurücken. Ist der Geschäftsbetrieb auf das Gebiet eines Bundesstaats beschränkt, so kann die Landes-Zentralbehörde an Stelle des Reichsanzeigers ein anderes Blatt bestimmen. Weitere Blätter bestimmt die Satzung.

§. 29.

Die Satzung hat über die Bildung eines Vorstandes, eines Aufsichtsraths und eines obersten Organs (Versammlung von Mitgliedern oder von Vertretern der Mitglieder) Bestimmung zu treffen.
Die durch das oberste Organ auszuübenden Obliegenheiten können auf mehrere dem Vorstand und dem Aufsichtsrath übergeordnete Organe vertheilt sein.

§. 30.

Der Verein ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk er seinen Sitz hat, von sämmtlichen Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsraths zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Von jeder Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe (§. 15) hat die Aufsichtsbehörde dem Registergerichte Mittheilung zu machen.

§. 31.

Der Anmeldung sind beizufügen:

1. die Urkunde über die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe;
2. die Satzung;
3. die Urkunden über die Bestellung des Vorstandes und des Aufsichtsraths;
4. die Urkunden über die Bestellung des Gründungsfonds nebst einer Erklärung des Vorstandes und des Aufsichtsraths darüber, inwieweit der Gründungsfonds durch Baarzahlung gedeckt und in ihrem Besitz ist.
Die Mitglieder des Vorstandes haben ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen.
Die der Anmeldung beigefügten Schriftstücke werden bei dem Gericht in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift aufbewahrt.

§. 32.

Bei der Eintragung in das Handelsregister sind die Firma und der Sitz des Vereins, die Versicherungszweige, auf welche sich der Betrieb erstrecken soll, die Höhe des Gründungsfonds, der Tag, an dem die Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb ertheilt ist, und die Mitglieder des Vorstandes anzugeben.
Enthält die Satzung besondere Bestimmungen über die Dauer des Vereins oder über die Befugniß der Mitglieder des Vorstandes oder der Liquidatoren zur Vertretung des Vereins, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen.

§. 33.

In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekannt gemacht wird, sind außer dem Inhalte der Eintragung aufzunehmen:

1. eine Angabe darüber, ob die Deckung der Ausgaben durch Beiträge im voraus oder im Umlageverfahren erfolgen soll, und im ersteren Falle, ob mit Ausschluß oder mit Vorbehalt von Nachschüssen, ob die Beitragspflicht beschränkt ist oder nicht, und ob eine Kürzung der Versicherungsansprüche vorbehalten ist (§. 24);
2. die im §. 28 bezeichneten Festsetzungen;
3. die Art der Bestellung und Zusammensetzung der Vereinsorgane;
4. Name, Stand und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsichtsraths;
5. die Form, in der die Berufung des obersten Organs erfolgt.

§. 34.

Auf den Vorstand finden die Vorschriften der §§. 231 bis 239, 241, 242 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das von Beschlüssen der Generalversammlung Gesagte von den Beschlüssen des obersten Organs gilt und daß an die Stelle des §. 236 Abs. 1 und des §. 241 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs folgende Vorschriften treten:

1. die Mitglieder des Vorstandes dürfen, sofern die Satzung nicht ein Anderes bestimmt, ohne Einwilligung des Aufsichtsraths weder ein Handelsgewerbe betreiben noch dem Vorstand oder Aufsichtsrath einer gleichartigen Versicherungsunternehmung angehören;
2. die Mitglieder des Vorstandes sind insbesondere zum Schadensersatze verpflichtet, wenn entgegen den Vorschriften des Gesetzes eine Verzinsung oder Tilgung des Gründungsfonds oder eine Vertheilung des Vereinsvermögens erfolgt oder wenn Zahlungen geleistet werden, nach dem die Zahlungsunfähigkeit des Vereins eingetreten ist oder seine Ueberschuldung sich ergeben hat.

§. 35.

Auf den Aufsichtsrath finden die Vorschriften der §§. 243 bis 249 des Handelsgesetzbuchs mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die der Generalversammlung übertragenen Aufgaben von dem obersten Organe wahrgenommen werden, und daß an die Stelle des §. 243 Abs. 4 Satz 2, des §. 245 Abs. 1 und des §. 249 Abs. 3 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs folgende Vorschriften treten:

1. die Satzung hat zu bestimmen, ob für einen Beschluß des obersten Organs, durch den die Bestellung zum Mitgliede des Aufsichtsraths widerrufen wird, eine besondere Mehrheit erforderlich sein soll;
2. eine nach dem Jahresüberschusse bemessene Vergütung für die Mitglieder des Aufsichtsraths darf nur von dem Betrage gewährt werden, welcher verbleibt, nachdem sämmtliche Abschreibungen und Rücklagen bewirkt worden sind und nachdem für diejenigen Personen, welche gegen Zusicherung einer Betheiligung am Ueberschusse den Gründungsfonds zur Verfügung gestellt haben, der nach §. 22 Abs. 3 bedungene Antheil am Ueberschuß in Abzug gebracht worden ist;
3. die Mitglieder des Aufsichtsraths sind insbesondere zum Schadensersatze verpflichtet, wenn mit ihrem Wissen und ohne ihr Einschreiten die im §. 34 Nr. 2 bezeichneten Handlungen vorgenommen werden.

§. 36.

Auf das oberste Organ finden die für die Generalversammlung der Aktionäre gegebenen Vorschriften der §§. 250, 251, des §. 252 Abs. 3, 4, der §§. 253, 256 bis 261, 264, 265, des §. 266 Abs. 1, des §. 267 Abs. 1, 2, der §§. 268 bis 273 des Handelsgesetzbuchs und, wenn als oberstes Organ die Versammlung der Mitglieder bestellt ist, auch die Vorschriften des §. 252 Abs. 2 und der §§. 254, 255, 263 des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung:

1. soweit nach diesen Vorschriften einer Minderheit von Aktionären, deren Antheile den zehnten oder den zwanzigsten Theil des Grundkapitals erreichen, gewisse Rechte gewährt sind, hat die Satzung die erforderliche Minderheit der Mitglieder des obersten Organs zu bestimmen;
2. die bezeichneten Vorschriften bleiben insoweit außer Anwendung, als sie eine Hinterlegung von Aktien oder die Angabe des Betrags der vertretenen Aktien vorschreiben;
3. die Aufsichtsbehörde kann bei der Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe gestatten, daß die Kosten der Errichtung und die im ersten Geschäftsjahr entstehenden Kosten der Einrichtung, soweit sie weder die Hälfte des gesammten Gründungsfonds noch den baar eingezahlten Theil übersteigen, auf mehrere, höchstens jedoch auf die ersten fünf Geschäftsjahre vertheilt werden und der jedesmal verbleibende Rest als Aktivum in die Bilanz eingestellt wird.
Die Satzung hat die Form und, soweit nicht nach Abs. 1 die §§. 254, 255 des Handelsgesetzbuchs zur entsprechenden Anwendung gelangen, auch die Voraussetzungen und die Frist für die Berufung des obersten Organs zu bestimmen.

§. 37.

Die Satzung hat die Bildung einer Rücklage, die zur Deckung eines aus dem Geschäftsbetriebe sich ergebenden außergewöhnlichen Verlustes zu dienen hat (Reservefonds), insbesondere die Beträge zu bestimmen, welche hierzu jährlich zurückzulegen sind, und den Mindestbetrag, bis zu dessen Erreichung die Zurücklegung zu erfolgen hat.
Aus den Gründen, aus denen von der Bildung eines Gründungsfonds Abstand genommen werden darf (§. 23), kann die Aufsichtsbehörde auch gestatten, von der Bildung eines Reservefonds abzusehen.

§. 38.

Ein nach der Bilanz sich ergebender Ueberschuß kommt, soweit er nicht nach der Satzung dem Reservefonds oder anderen Rücklagen zuzuführen oder zur Vertheilung von Tantiemen zu verwenden oder auf das nächste Geschäftsjahr zu übertragen ist, zur Vertheilung unter die in der Satzung bestimmten Mitglieder.
Die Satzung hat über den Maßstab der Vertheilung sowie darüber zu bestimmen, ob die Vertheilung nur unter die am Schlusse des Geschäftsjahrs vorhandenen oder auch unter ausgeschiedene Mitglieder erfolgen soll.
Die Vertheilung darf erst erfolgen, nachdem die Kosten der Errichtung und ersten Einrichtung (§. 36 Abs. 1 Nr. 3) getilgt sind.

§. 39.

Die Satzung kann nur durch Beschluß des obersten Organs geändert werden.
Die Vornahme von Aenderungen, die nur die Fassung betreffen, kann durch Beschluß des obersten Organs dem Aufsichtsrath übertragen werden.
Der Aufsichtsrath kann durch Beschluß des obersten Organs ermächtigt werden, den Aenderungsbeschluß für den Fall, daß die Aufsichtsbehörde vor der Genehmigung die Vornahme von Aenderungen verlangt, diesen Aenderungen zu unterziehen.
Der Beschluß des obersten Organs bedarf, wenn durch ihn ein Versicherungszweig aufgegeben oder ein neuer eingeführt werden soll, einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen; die Satzung kann noch andere Erfordernisse aufstellen. Zu sonstigen Beschlüssen der im Abs. 1 bis 3 bezeichneten Art bedarf es einer solchen Mehrheit nur dann, wenn die Satzung nicht andere Erfordernisse aufstellt.

§. 40.

Die Aenderung der Satzung ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist die Genehmigungsurkunde beizufügen.
Bei der Eintragung genügt, soweit nicht die Aenderung die im §. 32 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezugnahme auf die bei dem Gericht eingereichten Urkunden über die Aenderung. Die öffentliche Bekanntmachung findet in Betreff aller Bestimmungen statt, auf welche sich die im §. 33 vorgeschriebenen Veröffentlichungen beziehen.
Die Aenderung hat keine Wirkung, bevor sie bei dem Gericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen worden ist.

§. 41.

Die Vorschriften des §. 39 Abs. 1 bis 3 finden auf Aenderungen der nach §. 9 festgesetzten allgemeinen Versicherungsbedingungen entsprechende Anwendung.
Der Aufsichtsrath kann durch die Satzung oder durch Beschluß des obersten Organs ermächtigt werden, dringliche Aenderungen der allgemeinen Versicherungsbedingungen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorläufig vorzunehmen. Diese Aenderungen sind dem obersten Organe bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Sie sind außer Kraft zu setzen, wenn das oberste Organ dies verlangt.
Durch eine Aenderung der Satzung oder der allgemeinen Versicherungsbedingungen wird ein bestehendes Versicherungsverhältniß nur berührt, wenn der Versicherte der Aenderung ausdrücklich zustimmt. Dies gilt nicht von der Aenderung solcher Bestimmungen, für welche die Satzung ausdrücklich vorsieht, daß ihre Aenderung auch mit Wirkung für die bestehenden Versicherungsverhältnisse geschehen kann.

§. 42.

Durch den Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit wird der Verein aufgelöst.

§. 43.

Die Auflösung des Vereins kann nur durch das oberste Organ beschlossen werden.
Zu dem Beschlusse bedarf es einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen, sofern nicht die Satzung andere Erfordernisse aufstellt. Mitglieder des obersten Organs, welche gegen die Auflösung gestimmt haben, sind berechtigt, gegen den Auflösungsbeschluß Widerspruch zum Protokolle zu erklären (§. 74).
Der Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Von der Genehmigung hat die Aufsichtsbehörde dem Registergerichte Mittheilung zu machen.
Die zwischen den Mitgliedern und dem Vereine bestehenden Versicherungsverhältnisse erlöschen mit dem in dem Beschlusse bestimmten Zeitpunkte, frühestens jedoch mit dem Ablaufe von vier Wochen, mit der Wirkung, daß die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Versicherungsansprüche geltend gemacht, im Uebrigen aber nur die für künftige Versicherungsperioden vorausbezahlten Beiträge, abzüglich der hierfür aufgewandten Kosten, zurückgefordert werden können.
Auf die Versicherungsverhältnisse aus der Lebensversicherung finden die Vorschriften des Abs. 4 keine Anwendung. Diese Versicherungsverhältnisse bleiben unberührt, soweit die Satzung nicht ein Anderes bestimmt.

§. 44.

Die Vorschriften des §. 43 Abs. 1, 2 Satz 1 finden auf Beschlüsse, die ein Uebereinkommen der im §. 14 bezeichneten Art zum Gegenstande haben, entsprechende Anwendung.

§. 45.

Die Auflösung des Vereins ist außer dem Falle des Konkurses durch den Vorstand zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

§. 46.

Nach der Auflösung des Vereins findet die Liquidation statt, sofern nicht über sein Vermögen der Konkurs eröffnet ist.
Bis zur Beendigung der Liquidation gilt der Verein als fortbestehend, soweit nicht aus den folgenden Vorschriften oder dem Zwecke der Liquidation ein Anderes sich ergiebt; insbesondere kann die Ausschreibung und Einziehung von Nachschüssen oder Umlagen (§§. 24 ff.) erfolgen.
Neue Versicherungen dürfen nicht mehr übernommen, die bestehenden nicht erhöht oder verlängert werden.

§. 47.

Auf die Liquidation finden die Vorschriften des §. 295 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2, der §§. 296 bis 299 und des §. 302 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung. Auf Antrag des Aufsichtsraths oder einer in der Satzung zu bestimmenden Minderheit von Mitgliedern kann aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat. Die Abberufung von Liquidatoren kann durch das Gericht unter denselben Voraussetzungen wie die Bestellung stattfinden. Die Vorschriften der §§. 145, 146 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden entsprechende Anwendung.
Eine Tilgung des Gründungsfonds darf erst erfolgen, nachdem die Ansprüche sämmtlicher übrigen Gläubiger, insbesondere die Ansprüche der Mitglieder aus dem Versicherungsverhältnisse, befriedigt oder sichergestellt worden sind. Zum Zwecke der Tilgung dürfen Nachschüsse oder Umlagen nicht erhoben werden.

§. 48.

Das nach der Berichtigung der Schulden verbleibende Vermögen des Vereins wird, sofern nicht in der Satzung andere Anfallberechtigte bestimmt sind, an die zur Zeit der Auflösung vorhanden gewesenen Mitglieder und zwar, sofern die Satzung nicht ein Anderes bestimmt, nach demselben Maßstabe vertheilt, nach welchem während des Bestehens des Vereins die Vertheilung des Ueberschusses stattfindet.
Die Satzung kann vorschreiben, daß die Anfallberechtigten durch Beschluß des obersten Organs bestimmt werden.
Auf die Ausführung der Vertheilung finden die Vorschriften des §. 301 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung.

§. 49.

Durch die Eröffnung des Konkurses wird der Verein aufgelöst. Die Vorschriften des §. 307 Abs. 2, 3 des Handelsgesetzbuchs finden entsprechende Anwendung.

§. 50.

Soweit den Mitgliedern oder ausgeschiedenen Mitgliedern nach dem Gesetz oder der Satzung eine Beitragspflicht obliegt (§§. 24 bis 26), haften sie im Falle des Konkurses dem Vereine gegenüber für dessen Schulden.
Ausgeschiedene Mitglieder gelten, wenn ihr Ausscheiden innerhalb des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung stattgefunden hat, in Ansehung der Haftung für die Schulden des Vereins noch als dessen Mitglieder.

§. 51.

Die Ansprüche auf Tilgung des Gründungsfonds stehen allen übrigen Konkursforderungen nach. Unter den letzteren werden die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnisse, soweit sie den zur Zeit der Konkurseröffnung dem Verein angehörenden oder den innerhalb des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung ausgeschiedenen Mitgliedern zustehen, im Range nach den Ansprüchen der sonstigen Konkursgläubiger befriedigt.
Zur Tilgung des Gründungsfonds dürfen Nachschüsse oder Umlagen nicht erhoben werden.

§. 52.

Die Feststellung und Ausschreibung der im Falle des Konkurses erforderlichen Nachschüsse oder Umlagen erfolgt durch den Konkursverwalter. Dieser hat sofort, nachdem die Bilanz auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt worden ist (Konkursordnung §. 124), zu berechnen, wieviel die Mitglieder zur Deckung des in der Bilanz bezeichneten Fehlbetrags auf Grund ihrer Beitragspflicht vorschußweise beizutragen haben. Auf diese Vorschußberechnung und die erforderlich werdenden Zusatzberechnungen finden die Vorschriften des §. 106 Abs. 2, 3 und der §§. 107 bis 113 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, entsprechende Anwendung.
Sobald mit dem Vollzuge der Schlußvertheilung (Konkursordnung §. 161) begonnen ist, hat der Konkursverwalter in Ergänzung oder Berichtigung der Vorschußberechnung und der etwa ergangenen Zusätze die von den Mitgliedern zu leistenden Beiträge zu berechnen. Auf diese Berechnung und das weitere Verfahren finden die Vorschriften des §. 114 Abs. 2 und der §. 115 bis 118 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, entsprechende Anwendung.

§. 53.

Auf Vereine, die bestimmungsgemäß einen sachlich, örtlich oder hinsichtlich des Personenkreises engbegrenzten Wirkungskreis haben, finden von den im Abschnitte III gegebenen Vorschriften nur der §. 15, der §. 17 Abs. 1, der §. 18 Abs. 1, die §§. 19, 20, der §. 21 Abs. 1, die §§. 22 bis 27, der §. 28 Abs. 1, der §. 37, der §. 38 Abs. 1, 2, der §. 39 Abs. 1 bis 3, die §§. 41 bis 44, der §. 47 Abs. 2 und die §§. 50 bis 52 Anwendung. Die Uebernahme von Versicherungen gegen feste Prämie ohne Erwerb der Mitgliedschaft durch den Versicherungsnehmer ist ausgeschlossen.
Soweit sich nach Abs. 1 nicht ein Anderes ergiebt, hat es für die daselbst bezeichneten Vereine bei den für Vereine gegebenen allgemeinen Vorschriften der §§. 24 bis 53 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit den Maßgaben sein Bewenden, daß

1. in den Fällen des §. 29 und des §. 37 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Stelle des Amtsgerichts die Aufsichtsbehörde tritt,
2. im Falle des §. 45 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vermögen an die Mitglieder nach dem im §. 48 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmten Maßstabe zu vertheilen ist.
Soll nach der Satzung ein Aufsichtsrath bestellt werden, so finden die Vorschriften des §. 36 Abs. 2, 3, der §. 37 bis 40 und des §. 41 Abs. 1, 2, 4 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, entsprechende Anwendung.
Darüber, ob ein Verein im Sinne des Abs. 1 als kleinerer Verein anzusehen ist, entscheidet die Aufsichtsbehörde.

IV. Geschäftsführung der Versicherungsunternehmungen.

1. Allgemeine Vorschriften.       Rechnungslegung.

§. 54.

Zum Erwerbe von Grundstücken bedürfen Versicherungsaktiengesellschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, soweit es sich nicht um den Erwerb von ihnen beliehener Grundstücke im Zwangsversteigerungsverfahren handelt. Die Genehmigung ist zu ertheilen, wenn es sich außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens um die Sicherung eingetragener Forderungen, oder wenn es sich um den Erwerb von Grundstücken handelt, die für die Zwecke des Geschäftsbetriebs bestimmt sind.
In den Fällen des Abs. 1, auch soweit die Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht erforderlich ist, bedarf es der landesgesetzlich vorgeschriebenen staatlichen Genehmigung (Artikel 86 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) nicht.

§. 55.

Die Bücher einer Versicherungsunternehmung sind jährlich abzuschließen; auf Grund der Bücher ist für das verflossene Geschäftsjahr ein Rechnungsabschluß und ein die Verhältnisse sowie die Entwickelung des Unternehmens darstellender Jahresbericht anzufertigen und der Aufsichtsbehörde einzureichen.
Soweit nicht in diesem Gesetz oder in sonstigen Reichsgesetzen oder durch den Bundesrath Vorschriften über die Buchführung und Rechnungslegung der Versicherungsunternehmungen getroffen sind, können nähere Vorschriften über die Fristen sowie die Art und Form des Rechnungsabschlusses und des Jahresberichts von der Aufsichtsbehörde erlassen werden.
Versicherungsaktiengesellschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit sind verpflichtet, innerhalb des auf das Berichtsjahr folgenden Geschäftsjahrs jedem Versicherten auf Verlangen ein Exemplar des Rechnungsabschlusses und des Jahresberichts mitzutheilen. Im Uebrigen kann die Aufsichtsbehörde darüber Bestimmung treffen, inwieweit und auf welche Weise alljährlich der Rechnungsabschluß und der Jahresbericht den Versicherten zugänglich zu machen oder zu veröffentlichen sind.
Vor Erlassung von Vorschriften der in den Abs. 2, 3 bezeichneten Art hat die aufsichtführende Reichsbehörde den Versicherungsbeirath zu hören.

2. Besondere Vorschriften über die Prämienreserve bei der Lebensversicherung.

§. 56.

Die Prämienreserve für Lebensversicherungen ist hinsichtlich der in Kraft stehenden Versicherungsverträge für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs, unter Anwendung der nach §. 11 angenommenen Rechnungsgrundlagen, getrennt nach den einzelnen Versicherungsarten zu berechnen und zu buchen.
Durch mindestens einen mit der Berechnung der Prämienreserve bei Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungsunternehmungen (§. 12) beauftragten Sachverständigen ist, unbeschadet der eigenen Verantwortlichkeit der Vertreter des Unternehmens, unter der Bilanz zu bestätigen, daß die eingestellte Prämienreserve gemäß Abs. 1 berechnet ist. Aus kleinere Vereine im Sinne des §. 53 findet diese Vorschrift keine Anwendung.

§. 57.

Der Vorstand des Unternehmens hat dafür Sorge zu tragen, daß unverzüglich die der Berechnung gemäß §. 56 entsprechenden Beträge dem Prämienreservefonds zugeführt und vorschriftsmäßig angelegt werden. Diese Zuführung darf nur insoweit unterbleiben, als im Auslande zu Gunsten bestimmter Versicherungen besondere Sicherheit aus der Prämieneinnahme gestellt werden muß.
Der Prämienreservefonds (Gelder, Werthpapiere, Urkunden u. s. w.) ist gesondert von jedem anderen Vermögen zu verwalten und am Sitze des Unternehmens in einer der Aufsichtsbehörde bekannt zu gebenden Weise aufzubewahren; die Aufsichtsbehörde kann auch die Genehmigung zur Aufbewahrung an einem anderen Orte des Inlandes ertheilen.
Die den Prämienreservefonds bildenden Bestände sind einzeln in ein Register einzutragen. Jedoch brauchen darin die Forderungen aus Vorauszahlungen oder Darlehen auf die eigenen Versicherungsscheine des Unternehmens (Policenbeleihungen), soweit sie zu den Beständen des Prämienreservefonds gehören, nur in einer Gesammtsumme nachgewiesen zu werden. Am Schlusse eines jeden Geschäftsjahrs ist der Aufsichtsbehörde eine bezüglich ihrer Uebereinstimmung mit dem Originale gerichtlich oder notariell beglaubigte Abschrift der im Laufe des Geschäftsjahrs bewirkten Eintragungen vorzulegen. Die Abschrift ist von der Aufsichtsbehörde aufzubewahren.

§. 58.

Bei Rückversicherungen hat das rückversicherte Unternehmen die Prämienreserve auch für die in Rückversicherung gegebenen Summen nach den Vorschriften der §§. 56, 57 zu berechnen sowie selbst aufzubewahren und zu verwalten.

§. 59.

Die Anlegung der den Prämienreservefonds bildenden Bestände (§. 57) kann erfolgen:

1. in der im §. 1807 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Anlegung von Mündelgeld vorgeschriebenen Weise. Außerdem dürfen die Bestände bis höchstens zum zehnten Theile des Prämienreservefonds in Werthpapieren, welche nach landesgesetzlichen Vorschriften zur Anlegung von Mündelgeld zugelassen sind, sowie in solchen auf den Inhaber lautenden Pfandbriefen deutscher Hypotheken-Aktien-Banken angelegt werden, welche die Reichsbank in Klasse I beleiht;
2. gegen Verpfändung solcher Hypotheken oder Werthpapiere, in denen eine Anlegung nach Nr. 1 gestattet ist, bis zu fünfundsiebzig vom Hundert ihres Nennwerths, sofern aber der Kurswerth niedriger ist, bis zu fünfundsiebzig vom Hundert des Kurswerths;
3. in der Weise, daß Vorauszahlungen oder Darlehen auf die eigenen Versicherungsscheine des Unternehmens (Policenbeleihung) nach Maßgabe der allgemeinen Versicherungsbedingungen (§. 9 Nr. 8) gewährt werden;
4. mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in Schuldverschreibungen inländischer kommunaler Körperschaften, Schulgemeinden und Kirchengemeinden, wofern diese Schuldverschreibungen entweder von Seiten des Gläubigers kündbar sind oder einer regelmäßigen Tilgung unterliegen.
Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in einer dem Abs. 1 entsprechenden Weise erfolgen, so ist eine vorübergehende Anlegung bei der Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer durch die Aufsichtsbehörde dazu für geeignet erklärten anderen inländischen Bank oder öffentlichen Sparkasse gestattet.

§. 60.

Bei der Anlegung der Bestände des Prämienreservefonds nach der Vorschrift des §. 59 Abs. 1 Nr. 1 darf die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld angenommen werden, wenn die Beleihung die ersten drei Fünftheile des Werthes des Grundstücks nicht übersteigt. Soweit jedoch die Zentralbehörde eines Bundesstaats gemäß §. 11 Abs. 2 des Hypothekenbankgesetzes die Beleihung landwirthschaftlicher Grundstücke bis zu zwei Drittheilen des Werthes gestattet hat, darf die Sicherheit auch bei einer solchen Beleihung angenommen werden.
Die Beleihungen dürfen der Regel nach nur zur ersten Stelle erfolgen.
Beleihungen von Bauplätzen und solchen Neubauten, welche noch nicht fertiggestellt und ertragsfähig sind, sowie von Grundstücken, die einen dauernden Ertrag nicht gewähren, insbesondere von Gruben, Brüchen und Bergwerken, sind ausgeschlossen.
Der bei der Beleihung angenommene Werth des Grundstücks darf den durch sorgfältige Ermittelung festgestellten Verkaufswerth nicht übersteigen. Bei der Feststellung dieses Werthes sind nur die dauernden Eigenschaften des Grundstücks und der Ertrag zu berücksichtigen, welchen das Grundstück bei ordnungsmäßiger Wirthschaft jedem Besitzer nachhaltig gewähren kann.
Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde haben die Unternehmungen über die Werthsermittelung eine Anweisung zu erlassen, welche der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf.

§. 61.

Dem Prämienreservefonds dürfen, abgesehen von den zur Vornahme und Aenderung der Kapitalanlagen erforderlichen Mitteln, nur diejenigen Beträge entnommen werden, welche durch Eintritt des Versicherungsfalls, durch Rückkauf oder andere Fälle der Beendigung von Versicherungsverhältnissen frei werden.
Durch die Eröffnung des Konkurses erlöschen die Lebensversicherungsverhältnisse; die Versicherten können, unbeschadet ihrer weitergehenden Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnisse, denjenigen Betrag fordern, der als rechnungsmäßige Prämienreserve zur Zeit der Konkurseröffnung auf sie entfällt.
In Ansehung der Befriedigung aus den in das Register der Bestände des Prämienreservefonds (§. 57 Abs. 3) eingetragenen Gegenständen gehen die Forderungen auf die rechnungsmäßige Prämienreserve insoweit, als für sie die Zuführung zu diesem Fonds vorgeschrieben ist (§. 57 Abs. 1), den Forderungen aller übrigen Konkursgläubiger vor. Unter einander haben sie gleichen Rang. In Betreff des Anspruchs der Versicherten auf Befriedigung aus dem sonstigen Vermögen der Unternehmung finden die für die Absonderungsberechtigten geltenden Vorschriften der §§. 64, 153, 155, 156 und des §. 168 Nr. 3 der Konkursordnung entsprechende Anwendung.

§. 62.

Das Konkursgericht hat den Versicherten zur Wahrung der ihnen nach §. 61 zustehenden Rechte einen Pfleger zu bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Konkursgericht.
Dem Pfleger liegt ob, den Umfang des vorhandenen Prämienreservefonds festzustellen sowie die den Versicherten zustehenden Ansprüche zu ermitteln und anzumelden.
Der Pfleger hat die Versicherten soweit thunlich vor der Anmeldung zu hören und von der erfolgten Anmeldung zu benachrichtigen, ihnen auf Verlangen auch sonst über die für ihre Ansprüche erheblichen Thatsachen Auskunft zu ertheilen. Das Recht des einzelnen Versicherten zur Anmeldung bleibt unberührt. Soweit mit der Anmeldung des Versicherten eine Anmeldung des Pflegers in Widerspruch steht, gilt bis zur Beseitigung des Widerspruchs die dem Versicherten günstigere Anmeldung.
Der Konkursverwalter hat dem Pfleger die Einsichtnahme aller Bücher und Schriften des Gemeinschuldners zu gestatten und ihm auf Verlangen den Bestand des Prämienreservefonds nachzuweisen.
Der Pfleger kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen. Die ihm zu erstattenden Auslagen und die Vergütung fallen dem Prämienreservefonds zur Last.
Vor der Bestellung des Pflegers und vor der Festsetzung der Vergütung ist die Aufsichtsbehörde zu hören.

§. 63.

Auf Kranken- oder Unfallversicherungen der im §. 12 bezeichneten Art finden die Vorschriften der §§. 56 bis 62 entsprechende Anwendung.

V. Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmungen.

1. Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden.

§. 64.

Der Aufsichtsbehörde liegt es ob, den ganzen Geschäftsbetrieb der Versicherungsunternehmungen, insbesondere die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und die Einhaltung des Geschäftsplans, zu überwachen.
Sie ist befugt, diejenigen Anordnungen zu treffen, welche geeignet sind, den Geschäftsbetrieb mit den gesetzlichen Vorschriften und dem Geschäftsplan im Einklange zu erhalten oder Mißstände zu beseitigen, durch welche die Interessen der Versicherten gefährdet werden oder der Geschäftsbetrieb mit den guten Sitten in Widerspruch geräth.
Zur Befolgung ihrer nach Abs. 2 erlassenen Anordnungen kann die Aufsichtsbehörde die Inhaber und Geschäftsleiter der Unternehmungen durch Geldstrafen bis zu eintausend Mark anhalten. Solche Geldstrafen werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben.

§. 65.

Die Aufsichtsbehörde ist befugt, jederzeit die Geschäftsführung und Vermögenslage eines Unternehmens auch nach der Richtung zu prüfen, ob die veröffentlichten Rechnungsabschlüsse und die Jahresberichte mit den Thatsachen und dem Inhalte der Bücher übereinstimmen und ob die vorschriftsmäßigen Reserven vorhanden und vorschriftsmäßig angelegt und verwaltet sind.
Die Inhaber, Geschäftsleiter, Bevollmächtigten und Agenten eines Unternehmens haben innerhalb ihrer Geschäftsräume der Aufsichtsbehörde auf Erfordern alle Bücher, Belege und diejenigen Schriften vorzulegen, welche für die Beurtheilung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage von Bedeutung sind, sowie jede von ihnen erforderte Auskunft über den Geschäftsbetrieb und die Vermögenslage zu ertheilen. Die Vorschriften des §. 64 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.
Bei Versicherungsunternehmungen, die einen Aufsichtsrath, eine Mitgliederversammlung oder ähnliche Gesellschaftsorgane haben, ist die Aufsichtsbehörde befugt, Vertreter in die Versammlungen und Sitzungen dieser Organe zu entsenden; die Vertreter sind jederzeit zu hören. Die Aufsichtsbehörde ist ferner befugt, die Berufung von Versammlungen und Sitzungen sowie die Ankündigung von Gegenständen zur Berathung und Beschlußfassung zu verlangen und, wenn dem Verlangen nicht entsprochen wird, die Berufung oder Ankündigung auf Kosten der Unternehmung selbst vorzunehmen. In den Versammlungen und Sitzungen, welche von der Aufsichtsbehörde berufen sind, führt ein Vertreter der letzteren den Vorsitz. Als Vertreter der Aufsichtsbehörde sind Leiter und Beamte von öffentlichen Versicherungsanstalten ausgeschlossen.

§. 66.

Die Aufsicht hat sich auch auf die Liquidation eines Unternehmens und auf die Abwickelung der bestehenden Versicherungen im Falle einer Untersagung oder einer freiwilligen Einstellung des Geschäftsbetriebs sowie im Falle des Widerrufs der Zulassung eines Unternehmens zu erstrecken.

§. 67.

Handelt eine Unternehmung fortgesetzt den ihr nach Maßgabe der Gesetze oder des genehmigten Geschäftsplans obliegenden Pflichten zuwider, oder ergeben sich bei Prüfung ihrer Geschäftsführung oder ihrer Vermögenslage so schwere Mißstände, daß bei Fortsetzung des Geschäftsbetriebs die Interessen der Versicherten gefährdet sind, oder befindet sich der Geschäftsbetrieb mit den guten Sitten in Widerspruch, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, den Geschäftsbetrieb mit der Wirkung zu untersagen, daß neue Versicherungen nicht abgeschlossen, früher abgeschlossene nicht erhöht oder verlängert werden können.
Im Falle der Untersagung des Geschäftsbetriebs ist die Aufsichtsbehörde berechtigt, alle diejenigen Anordnungen zu treffen, welche zur einstweiligen Sicherstellung des Vermögens der Unternehmung im Interesse der Versicherten nöthig sind, insbesondere die Vermögensverwaltung geeigneten Personen zu übertragen. Die Vorschriften des §. 64 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.
Bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit hat die Untersagung des Geschäftsbetriebs die Wirkung eines Auflösungsbeschlusses. Die Eintragung der Untersagung in das Handelsregister erfolgt auf Anzeige der Aufsichtsbehörde.

§. 68.

Das Konkursgericht hat, unbeschadet der Vorschrift im §. 107 Abs. 1 der Konkursordnung, auf Antrag der Aufsichtsbehörde den Konkurs über das Vermögen einer Versicherungsgesellschaft auf Aktien oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu eröffnen. Der Antrag auf Eröffnung des Konkurses kann nur von der Aufsichtsbehörde gestellt werden. Eine Anfechtung des Eröffnungsbeschlusses findet nicht statt.
Sobald die Zahlungsunfähigkeit eintritt, hat der Vorstand der Aufsichtsbehörde Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, sobald sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz Ueberschuldung ergiebt. Diese Anzeigepflicht tritt an die Stelle der dem Vorstande durch andere gesetzliche Vorschriften auferlegten Pflicht, im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Ueberschuldung die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Gehen bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit Nachschuß- oder Umlagenpflicht ausgeschriebene Nachschüsse oder Umlagen innerhalb fünf Monaten nach der Fälligkeit nicht ein, so hat der Vorstand zu prüfen, ob sich, wenn die nicht baar eingegangenen Nachschuß- oder Umlagebeträge außer Berücksichtigung bleiben, Ueberschuldung ergiebt; liegt eine solche Ueberschuldung vor, so ist innerhalb eines Monats nach dem Ablaufe der bezeichneten Frist der Aufsichtsbehörde Anzeige zu machen. Die gleichen Pflichten liegen den Liquidatoren ob.

§. 69.

Ergiebt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, daß dieses zur Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Dauer nicht mehr im Stande ist, die Vermeidung des Konkurses aber im Interesse der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde die zu diesem Zwecke erforderlichen Anordnungen treffen sowie auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Aenderung der Geschäftsgrundlagen oder die sonstige Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Bestimmte Arten von Zahlungen, insbesondere Gewinnvertheilungen, und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf können zeitweilig verboten werden.
Unter der im Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Voraussetzung ist die Aufsichtsbehörde berechtigt, nöthigenfalls die Verpflichtungen einer Lebensversicherungsunternehmung aus ihren laufenden Versicherungen, dem Stande ihres Vermögens entsprechend, jedoch um höchstens dreiunddreißigeindrittel Prozent, zu ermäßigen.

2. Verfassung und Verfahren der Aufsichtsbehörden.

§. 70.

Als aufsichtführende Reichsbehörde wird ein Kaiserliches Aufsichtsamt für Privatversicherung mit dem Sitze in Berlin errichtet. Es besteht aus einem Vorsitzenden und der erforderlichen Zahl von ständigen und nichtständigen Mitgliedern.
Der Vorsitzende und die ständigen Mitglieder werden auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser ernannt, die nichtständigen Mitglieder vom Bundesrathe gewählt. Die Ernennung der ständigen Mitglieder erfolgt, soweit nicht einzelne Mitglieder, die im Reichs- oder Staatsdienst ein anderes Amt bekleiden, für die Dauer dieses Amtes berufen werden, auf Lebenszeit.
Die übrigen Beamten werden vom Reichskanzler ernannt.
Die Mitglieder des Aufsichtsamts dürfen nicht gleichzeitig Leiter oder Beamte von öffentlichen Versicherungsanstalten sein.

§. 71.

Zur Erleichterung des Geschäftsverkehrs des Aufsichtsamts für Privatversicherung mit den seiner Aufsicht unterstehenden Unternehmungen können nach Bedarf vom Reichskanzler im Einvernehmen mit der betheiligten Landesregierung aus der Mitte der Landesbeamten besondere Kommissare bestellt werden, welche im Auftrag und nach näherer Anordnung des Amtes bestimmten Unternehmungen gegenüber mit der Ausübung der unmittelbaren Aufsicht betraut werden.
Die Bestimmung des §. 70 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung.

§. 72.

Zur Mitwirkung bei der Aufsicht wird bei dem Amte ein aus Sachverständigen des Versicherungswesens bestehender Beirath gebildet, dessen Mitglieder auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser auf fünf Jahre ernannt werden.
Die Mitglieder des Versicherungsbeiraths sind berufen, das Amt auf Erfordern bei Vorbereitung wichtigerer Beschlüsse gutachtlich zu berathen und bei den in den §§. 73 bis 76 bezeichneten Entscheidungen mit Stimmrecht mitzuwirken.
Sie verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehrenamt; für ihre Theilnahme an Sitzungen erhalten sie Tagegelder und Vergütung der Reisekosten nach festen, von dem Reichskanzler bestimmten Sätzen. Die Vorschriften des §. 16 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) finden auf sie keine Anwendung.
Die Bestimmung des §. 70 Abs. 4 findet auch hier entsprechende Anwendung.

§. 73.

Das Aufsichtsamt für Privatversicherung entscheidet auf Grund mündlicher Berathung in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Versicherungsbeiraths

1. über die Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe (§§. 4 bis 7),
2. über die Genehmigung einer Aenderung des Geschäftsplans (§. 13), sofern bei dem Aufsichtsamte Bedenken bestehen,
3. über die Genehmigung einer Bestandsveränderung (§. 14),
4. über die Genehmigung der Auflösung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (§. 43),
5. über die Anerkennung eines Vereins als eines kleineren (§. 53),
6. über den Erlaß einer Anordnung der im §. 64 Abs. 2 bezeichneten Art, sofern damit eine Strafandrohung nach §. 64 Abs. 3 verbunden werden soll,
7. über die Untersagung des Geschäftsbetriebs (§. 67),
8. über die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses (§. 68),
9. über den Erlaß einer Anordnung der im §. 69 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bezeichneten Art.
Die Zuziehung der Mitglieder des Versicherungsbeiraths erfolgt in der Regel nach einer im voraus (§. 80) aufgestellten Reihenfolge. Weicht der Vorsitzende des Amtes aus besonderen Gründen von der Reihenfolge ab, so sind diese aktenkundig zu machen.
Die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden auf alle zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Personen entsprechende Anwendung.
Vor der Ertheilung einer ablehnenden Entscheidung in den Fällen der Nr. 1 bis 5 und vor der Ertheilung einer Entscheidung in den Fällen der Nr. 6 bis 9 sind Vertreter der betheiligten Unternehmungen zu hören und auf ihren Antrag zur mündlichen Verhandlung zu laden.
Die ablehnenden Entscheidungen in den Fällen der Nr. 1 bis 5 und die Entscheidungen in den Fällen der Nr. 6 bis 9 sind mit Gründen zu versehen.
In den Fällen der Nr. 1 bis 3 kann der Vorsitzende des Amtes einen ablehnenden Vorbescheid ergehen lassen; gegen diesen ist bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach der Zustellung der Antrag auf eine gemäß Abs. 1 bis 5 zu ertheilende Entscheidung statthaft.
Sämmtliche Entscheidungen sind den Betheiligten zuzustellen. Die rechtskräftig erfolgte Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb und die Genehmigung einer Bestandsveränderung sowie die Untersagung des Geschäftsbetriebs ist vom Aufsichtsamt im Reichsanzeiger öffentlich bekannt zu machen.

§. 74.

Gegen die gemäß §. 73 Abs. 1 ertheilten Entscheidungen steht den Betheiligten der Rekurs zu. Als Betheiligte gelten im Falle des §. 73 Abs. 1 Nr. 4, wenn die Genehmigung des Auflösungsbeschlusses versagt ist, nur der Vereinsvorstand, wenn der Auflösungsbeschluß genehmigt ist, nur diejenigen Mitglieder des obersten Organs, welche gegen den Auflösungsbeschluß Widerspruch zum Protokoll erklärt haben. Im Falle des §. 73 Abs. 1 Nr. 5 gilt als Betheiligter nur der Vereinsvorstand, gegen dessen Antrag die Anerkennung des Vereins als eines kleineren versagt worden ist.
Ueber den Rekurs entscheidet das Aufsichtsamt für Privatversicherung in der Besetzung von drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden unter Zuziehung von zwei Mitgliedern des Versicherungsbeiraths sowie eines richterlichen Beamten und eines Mitglieds eines höchsten Verwaltungsgerichtshofs in einem deutschen Bundesstaate.
Die richterlichen Beamten sowie die Mitglieder höchster Verwaltungsgerichtshöfe werden für die Dauer ihres Hauptamts auf Vorschlag des Bundesraths vom Kaiser ernannt.
Bezüglich der Zuziehung der Mitglieder des Versicherungsbeiraths gilt die Vorschrift des §. 73 Abs. 2, bezüglich der Ausschließung und Ablehnung der zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Personen die Vorschrift des §.73 Abs. 3.

§. 75.

Der Rekurs ist innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Entscheidung bei dem Aufsichtsamte für Privatversicherung schriftlich einzulegen und zu begründen. Der Rekurs gegen die nach §. 67 Abs. 2 oder nach §. 69 Abs. 1 Satz 2 von der Aufsichtsbehörde getroffenen Anordnungen sowie gegen die Entscheidung auf Stellung des Konkursantrags hat keine aufschiebende Wirkung. Von der Aufhebung der Entscheidung auf Stellung des Konkursantrags hat das Aufsichtsamt für Privatversicherung dem Konkursgerichte Mittheilung zu machen. Das Konkursgericht hat das Verfahren einzustellen.
An der Entscheidung über den Rekurs dürfen außer dem Vorsitzenden des Amtes Personen, die bei der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben, nicht Theil nehmen.
Der Vorsitzende des Amtes ernennt einen ersten und einen zweiten Berichterstatter; ein Berichterstatter muß aus den richterlichen Beamten oder aus den Mitgliedern höchster Verwaltungsgerichtshöfe ernannt werden.
Die Entscheidung erfolgt nach Ladung der Betheiligten auf Grund mündlicher und öffentlicher Verhandlung. Die Oeffentlichkeit kann aus den Gründen des §. 173 des Gerichtsverfassungsgesetzes ausgeschlossen werden.

§. 76.

Gegen eine nach §. 65 Abs. 2, §. 67 Abs. 2 oder §. 98 von dem Aufsichtsamte für Privatversicherung erlassene Strafandrohung steht den Betheiligten bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach der Zustellung die Beschwerde zu; über die Beschwerde entscheidet das Amt in der im §. 73 bestimmten Besetzung.

§. 77.

Soweit in diesem Gesetz ein Rechtsmittel nicht ausdrücklich zugelassen ist, steht den Betheiligten ein solches gegen Verfügungen oder Entscheidungen des Aufsichtsamts für Privatversicherung nicht zu.

§. 78.

Das Amt kann jeden ihm erforderlich erscheinenden Beweis erheben, insbesondere Zeugen und Sachverständige, auch eidlich, vernehmen oder vernehmen lassen.

§. 79.

Die Gerichte und sonstigen öffentlichen Behörden sind verpflichtet, den im Vollzuge dieses Gesetzes an sie ergehenden Ersuchen des Amtes zu entsprechen. Die Ersuchen um eidliche Vernehmungen sind an die zur eidlichen Abhörung von Zeugen und Sachverständigen zuständigen Landesbehörden zu richten. Als Kosten der Rechtshülfe sind der ersuchten Behörde die im §. 79 des Gerichtskostengesetzes bezeichneten baaren Auslagen zu erstatten.

§. 80.

Die Zahl und die Zuziehung der nichtständigen Mitglieder, die Formen des Verfahrens und der Geschäftsgang des Amtes sowie die Zusammensetzung des Versicherungsbeiraths und die Zuziehung seiner Mitglieder werden, soweit dieses Gesetz keine Vorschriften darüber enthält, durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths geregelt. Die Verordnung ist dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnißnahme vorzulegen.

§. 81.

Die Kosten des Aufsichtsamts für Privatversicherung und des Verfahrens vor dem Amte trägt das Reich.
Als Gebühren für die Aufsichtsthätigkeit des Amtes werden von den seiner Aufsicht unterstellten Versicherungsunternehmungen Jahresbeträge erhoben, welche nach den einer jeden Unternehmung im letzten Geschäftsjahr aus den im Inland abgeschlossenen Versicherungen erwachsenen Bruttoprämien (Beiträgen, Vor- und Nachschüssen, Umlagen), jedoch abzüglich der zurückgewährten Ueberschüsse oder Gewinnantheile, mit der Maßgabe bemessen werden, daß Eins vom Tausend nicht überschritten werden darf. Nach Anhörung des Versicherungsbeiraths ist der Bundesrath befugt, einen anderweiten Vertheilungsmaßstab zu bestimmen.
Der Gesammtbetrag der Gebühren soll annähernd die Hälfte der im letzten Reichshaushalts-Etat für das Amt festgesetzten fortdauernden Ausgaben betragen. Die genaue Summe wird jährlich durch den Bundesrath bestimmt.
Die Vertheilung der Gebühren erfolgt durch das Amt, welches die Unternehmungen unter Beifügung eines Vertheilungsplans auffordert, die Gebühren an die Reichs-Hauptkasse innerhalb eines Monats einzuzahlen. Nach dem Ablaufe dieser Frist können die Gebühren nach den für die Betreibung öffentlicher Abgaben bestehenden Vorschriften eingezogen werden.

§. 82.

Das Amt kann bei einem Beweisverfahren, das durch unbegründete Anträge oder Beschwerden veranlaßt worden ist, sowie bei erfolgloser Einlegung eines Rechtsmittels die dadurch verursachten baaren Auslagen ganz oder theilweise den Antragstellern auferlegen.

§. 83.

Das Amt veröffentlicht jährlich Mittheilungen über den Stand der seiner Aufsicht unterliegenden Versicherungsunternehmungen sowie über seine Wahrnehmungen auf dem Gebiete des Versicherungswesens.
Desgleichen veröffentlicht das Amt fortlaufend die Rechts- und Verwaltungsgrundsätze aus dem Bereiche seiner Thätigkeit.

§. 84.

Entscheidungen der aufsichtführenden Landesbehörden, bei denen es sich um Gegenstände der im §. 73 Abs. 1 bezeichneten Art handelt, können innerhalb eines Monats nach der Zustellung im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach den Vorschriften der §§. 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden.
Im Uebrigen ist für das Verfahren der Landesbehörden bei Ausübung der Beaufsichtigung das Landesrecht maßgebend.

VI. Ausländische Versicherungsunternehmungen.

§. 85.

Ausländische Versicherungsunternehmungen, die im Inlande durch Vertreter, Bevollmächtigte, Agenten oder sonstige Vermittler das Versicherungsgeschäft betreiben wollen, bedürfen hierzu der Erlaubniß.
Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf sie, soweit sich nicht aus den §§. 86 bis 91 ein Anderes ergiebt, entsprechende Anwendung.

§. 86.

Zur Entscheidung über den Antrag auf Ertheilung der Erlaubniß ist ausschließlich der Reichskanzler zuständig.
Die Erlaubniß darf nur dann ertheilt werden, wenn

1. das Aufsichtsamt für Privatversicherung nach Anhörung des Versicherungsbeiraths sich gutachtlich dahin äußert, daß keiner der im §. 7 bezeichneten Gründe zur Versagung der Erlaubniß vorliegt,
2. die Versicherungsunternehmung den Nachweis führt, daß sie am Sitze des Unternehmens unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden kann,
3. die Unternehmung sich verpflichtet, innerhalb des Reichsgebiets eine Niederlassung zu unterhalten und für das Inland einen Hauptbevollmächtigten zu bestellen, der innerhalb des Reichsgebiets seinen Wohnsitz hat. Der Hauptbevollmächtigte gilt als ermächtigt, die Unternehmung zu vertreten, insbesondere die Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern im Inland und über inländische Grundstücke mit verbindlicher Kraft abzuschließen, auch alle Ladungen und Verfügungen für die Unternehmung in Empfang zu nehmen.
Im Uebrigen entscheidet der Reichskanzler nach freiem Ermessen.

§. 87.

Zum Geschäftsbetrieb im Inlande zugelassene ausländische Versicherungsunternehmungen dürfen die Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie Versicherungsverträge über inländische Grundstücke nur durch Bevollmächtigte abschließen, die im Inland ihren Wohnsitz haben.

§. 88.

Die den Inhabern oder Vertretern einer inländischen Unternehmung nach diesem Gesetz obliegenden Pflichten hat der für das Reichsgebiet bestellte Hauptbevollmächtigte einer ausländischen Unternehmung zu erfüllen.

§. 89.

Für Klagen, die aus dem inländischen Versicherungsgeschäfte gegen die Unternehmung erhoben werden, ist das Gericht zuständig, wo die Niederlassung (§. 86 Abs. 2 Nr. 3) sich befindet. Dieser Gerichtsstand darf nicht vertragsmäßig ausgeschlossen werden.

§. 90.

Die Vorschriften des §. 56, des §. 57 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 und der §§. 58 bis 63 finden auf ausländische Unternehmungen nur hinsichtlich der im Inland abgeschlossenen Versicherungen Anwendung.
Der Prämienreservefonds für diese Versicherungen ist nach näherer Bestimmung des Aufsichtsamts für Privatversicherung in der Weise sicherzustellen, daß nur mit Genehmigung des letzteren darüber verfügt werden kann.

§. 91.

Die Beaufsichtigung der zugelassenen ausländischen Versicherungsunternehmungen nach Maßgabe dieses Gesetzes wird durch das Aufsichtsamt für Privatversicherung ausgeübt.
Auf Antrag des Reichskanzlers kann auch der Bundesrath gegen zugelassene ausländische Unternehmungen die Untersagung des Geschäftsbetriebs nach freiem Ermessen beschließen. Die Ausführung eines solchen Beschlusses liegt dem Aufsichtsamte für Privatversicherung ob.

VII. Uebergangsvorschriften.

§. 92.

Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in einem oder in mehreren Bundesstaaten landesgesetzlich zum Geschäftsbetriebe befugten Versicherungsunternehmungen bedürfen zur Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs in den von ihnen bisher eingehaltenen oder, sofern ihre Befugniß zum Geschäftsbetrieb auf besonderer Zulassung beruht, in den bisher durch die Zulassung gestatteten Grenzen keiner Erlaubniß nach Maßgabe dieses Gesetzes.

§. 93.

Diejenigen beim Inkrafttreten des Gesetzes zum Geschäftsbetriebe befugten deutschen Unternehmungen, deren Geschäftsbetrieb sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt oder welchen durch die Zulassung ein solcher Geschäftsbetrieb gestattet ist, unterstehen der Aufsicht des Aufsichtsamts für Privatversicherung; die Beaufsichtigung der übrigen deutschen Unternehmungen wird durch Landesbehörden ausgeübt.

§. 94.

Beim Ablauf einer landesgesetzlich auf eine bestimmte Zeit erfolgten Zulassung bedarf es der Ertheilung einer neuen Erlaubniß durch die Aufsichtsbehörde nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Wenn der Zeitraum vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bis zum Ablaufe der auf eine bestimmte Zeit erfolgten Zulassung nicht mehr als sechs Monate beträgt, so gilt die Dauer der Zulassung als um ein Jahr verlängert.

§. 95.

Beruht die Zulassung einer Unternehmung auf einer widerruflichen Genehmigung, so unterliegt die Ausübung des Widerrufs solange dem freien Ermessen der Aufsichtsbehörde, als die Unternehmung nicht die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe nach Maßgabe dieses Gesetzes erlangt hat.

§. 96.

Versicherungsunternehmungen, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes in einem oder in mehreren Bundesstaaten zum Geschäftsbetriebe befugt sind, können jederzeit die Zulassung nach Maßgabe dieses Gesetzes beantragen. Zur Ausdehnung ihres Geschäftsbetriebs auf einen anderen Bundesstaat ist die Erlaubniß des Aufsichtsamts für Privatversicherung erforderlich.

§. 97.

Soweit ein Uebergang der Aufsicht von Landesbehörden auf das Aufsichtsamt für Privatversicherung stattfindet, gehen auf dieses kraft Gesetzes auch alle Rechte und Pflichten über, welche durch Kautionsbestellung, Hinterlegung, Eintragung von Schuldverschreibungen in ein Staatsschuldbuch oder in das Reichsschuldbuch oder durch sonstige Sicherungsmaßregeln für die Landesbehörden begründet sind.
In den vorstehend bezeichneten Fällen ist auf Ersuchen des Amtes der Gewahrsam und die Verwaltung der vorhandenen Kautionen durch die Landesbehörden einstweilen, jedoch auf höchstens fünf Jahre, weiterzuführen.

§. 98.

Die bereits zugelassenen Versicherungsunternehmungen haben der Aufsichtsbehörde auf Erfordern binnen einer von dieser zu bestimmenden Frist die zur Klarlegung ihres Geschäftsplans erforderlichen Angaben (§§. 4 bis 12) zu machen. Die Vorschriften des §. 64 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.

§. 99.

Bei bereits zugelassenen Unternehmungen finden die Vorschriften der §§. 56 bis 63 auf die Prämienreserve derjenigen Lebensversicherungen sowie derjenigen Kranken- oder Unfallversicherungen der im §. 12 bezeichneten Art Anwendung, welche nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen werden.
Die Prämienreserve für die früher abgeschlossenen Versicherungen ist, dem rechnungsmäßigen Soll entsprechend, binnen drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aus dem übrigen Vermögen einer Unternehmung auszusondern, dem nach Abs. 1 gebildeten Prämienreservefonds zuzuführen und gemäß §. 57, §. 61 Abs. 1 aufzubewahren, zu buchen und zu verwalten. Ausnahmsweise kann für eine bestimmte Versicherungsunternehmung die bezeichnete Frist durch den Reichskanzler auf Antrag der Landesregierung desjenigen Bundesstaats, in dessen Gebiete die Unternehmung ihren Sitz hat, verlängert werden; eine solche Verlängerung der Frist ist durch den Reichskanzler im Reichsanzeiger bekannt zu machen.
Auf den gesammten Prämienreservefonds (Abs. 1, 2) finden die Vorschriften des §. 61 Abs. 2, 3 und des §. 62 mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder mit dem Ablaufe der nach Abs. 2 Satz 2 durch den Reichskanzler verlängerten Frist Anwendung, sofern sie nicht auf Antrag einer Unternehmung durch die Aufsichtsbehörde schon zu einem früheren von dieser festzusetzenden und im Reichsanzeiger bekannt zu machenden Zeitpunkt in Wirksamkeit gesetzt werden.
Die Anlegung der Prämienreserve in der durch die §§. 59, 60 vorgeschriebenen Weise ist für die älteren Versicherungen binnen einer Frist von fünf Jahren zu bewirken. Hinsichtlich bestimmter Theile der Prämienreserve können Ausnahmen durch die Aufsichtsbehörde gestattet werden.

§. 100.

Erachtet die Aufsichtsbehörde die Prämienreserve zur Sicherstellung einer dauernden Erfüllung der aus den Versicherungsverträgen sich ergebenden Verpflichtungen nicht für ausreichend, so kann sie, vorbehaltlich ihrer Befugniß zum Eingreifen nach den §§. 67 bis 69, zur Aenderung der Rechnungsgrundlagen oder sonstigen Beseitigung der Mängel eine angemessene Frist gewähren.

§. 101.

Vereine, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit betreiben und die Rechtsfähigkeit besitzen, unterliegen auch den Vorschriften dieses Gesetzes über die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (Abschnitt III) mit Ausnahme der Vorschriften über die Bildung eines Gründungs- und eines Reservefonds.
Auf die Anmeldung und Eintragung dieser Vereine finden die §§. 30 bis 33 entsprechende Anwendung.
Die Aufsichtsbehörde hat nach dem Ablaufe der gemäß §. 98 bestimmten Frist diejenigen Vereine, welche der Eintragungspflicht unterliegen, den für die Führung des Handelsregisters zuständigen Gerichten mitzutheilen.

§. 102.

Den Vorschriften des Abschnitts III unterliegen nicht solche eingetragene Genossenschaften und solche nach dem sächsischen Gesetze vom 15. Juni 1868, betreffend die juristischen Personen, bestehende eingetragene Vereine, welche die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit betreiben.
Auf die im Abs. 1 bezeichneten Genossenschaften und Vereine finden die Vorschriften des §. 68 Abs. 1, 2 Satz 1 bis 3, 5, auf die bezeichneten Vereine auch die Vorschriften des §. 16 und des §. 68 Abs. 2 Satz 4 entsprechende Anwendung.

§. 103.

Auf Vereine, die, ohne die Rechtsfähigkeit zu besitzen, zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit betreiben, finden die Vorschriften des Abschnitts III keine Anwendung. Solche Vereine können von der Aufsichtsbehörde aufgefordert werden, binnen einer bestimmten Frist ihre Zulassung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes nachzusuchen; die Frist soll wenigstens sechs Monate betragen. Kommt ein Verein einer solchen Aufforderung nicht nach, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, ihm den weiteren Geschäftsbetrieb zu untersagen; auf die Untersagung des Geschäftsbetriebs finden die Vorschriften des §. 73 Abs. 1 bis 5, der §§. 74, 75 entsprechende Anwendung.

§. 104.

Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Versicherungsunternehmungen, die sich bei seinem Inkrafttreten in Liquidation oder im Konkurse befinden.

VIII. Strafvorschriften.

§. 105.

Wer der Aufsichtsbehörde gegenüber wissentlich falsche Angaben macht, um die Zulassung einer Versicherungsunternehmung zum Geschäftsbetriebe, die Verlängerung einer Zulassung oder die Genehmigung zu einer Aenderung der Geschäftsunterlagen oder des Versicherungsbestandes (§. 14) zu erlangen, wird mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft.
Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.

§. 106.

Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark oder mit einer dieser Strafen werden die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder ähnlichen Organs sowie die Liquidatoren einer Versicherungsgesellschaft auf Aktien oder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit bestraft, wenn sie wissentlich

1. den Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung über die Bildung von Reserven zuwider eine Gewinnvertheilung vorschlagen oder zulassen;
2. den gesetzlichen Vorschriften über die Berechnung und Buchung, Verwaltung und Aufbewahrung der Prämienreserve (§§. 56 bis 61, 63, 99) zuwiderhandeln;
3. den satzungsmäßigen Vorschriften über die Anlegung von Geldbeständen zuwiderhandeln.

§. 107.

Sachverständige, welche die Berechnung der Prämienreserve bei Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungsunternehmungen zu prüfen haben, werden, wenn sie die nach §. 56 Abs. 2 unter der Vermögensübersicht abzugebende Erklärung wissentlich falsch abgeben, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft.
Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.

§. 108.

Wer im Inlande das Versicherungsgeschäft ohne die vorgeschriebene Erlaubniß betreibt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher im Inlande für eine daselbst zum Geschäftsbetriebe nicht befugte Unternehmung einen Versicherungsvertrag als Vertreter oder Bevollmächtigter abschließt oder den Abschluß von Versicherungsverträgen geschäftsmäßig vermittelt.
Die Vorschrift der Nr. 9 des §. 360 des Strafgesetzbuchs ist, soweit sie sich auf Versicherungsunternehmungen im Sinne dieses Gesetzes bezieht, aufgehoben.

§. 109.

Mit Gefängniß bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark werden die Mitglieder des Vorstandes oder die Liquidatoren einer Versicherungsgesellschaft auf Aktien, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, einer eingetragenen Genossenschaft oder eines Vereins der im §. 102 bezeichneten Art bestraft, wenn entgegen der Vorschrift des §. 68 Abs. 2 der Aufsichtsbehörde eine der dort vorgeschriebenen Anzeigen nicht gemacht worden ist.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein.
Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß die Anzeige ohne sein Verschulden unterblieben ist.

§. 110.

Die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder eines ähnlichen Organs sowie die Liquidatoren eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit werden, wenn sie absichtlich zum Nachtheile des Vereins handeln, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft.
Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.

§. 111.

Die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder eines ähnlichen Organs sowie die Liquidatoren eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit werden mit Gefängniß bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft, wenn sie wissentlich in ihren Darstellungen, in ihren Uebersichten über den Vermögensstand des Vereins oder in ihren Vorträgen vor dem obersten Organe den Stand des Vereins unwahr darstellen oder verschleiern.
Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.

§. 112.

Die Vorschriften der §§. 239 bis 241 der Konkursordnung finden gegen die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, welcher seine Zahlungen eingestellt hat oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben.

§. 113.

Die Vorschriften der §§. 106, 109 bis 112 finden auch auf die Mitglieder des Vorstandes, eines Aufsichtsraths oder ähnlichen Organs sowie die Liquidatoren eines solchen Vereins Anwendung, der nach §. 101 als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit im Sinne dieses Gesetzes gilt.

IX. Schußvorschriften.

§. 114.

Zur Ausführung dieses Gesetzes kann der Bundesrath nach Anhörung des Versicherungsbeiraths Vorschriften erlassen. Er kann insbesondere Art und Form der Rechnungslegung der Unternehmungen regeln und die näheren Voraussetzungen bestimmen, unter welchen ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit als kleinerer Verein im Sinne des §. 53 anzusehen ist.

§. 115.

Der Vorstand einer Versicherungsunternehmung, deren Geschäftsbetrieb sich über das Gebiet eines Bundesstaats hinaus erstreckt, hat den Landes-Zentralbehörden derjenigen Bundesstaaten, in deren Gebieten sie Geschäfte betreiben will, bei der Eröffnung des Geschäftsbetriebs hiervon Anzeige zu erstatten.
Jedes Versicherungsunternehmen hat in demjenigen Bundesstaat, auf dessen Gebiet es seinen Betrieb erstreckt, ohne daß sein Sitz in diesem Gebiete gelegen ist, auf Verlangen der Zentralbehörde dieses Staates unter der Voraussetzung einen Hauptbevollmächtigten zu bestellen, daß der Geschäftsbetrieb in diesem Staate von einem solchen Umfang ist oder nach dem Geschäftsplane von einem solchen Umfange werden soll, daß darnach die Bestellung eines Hauptbevollmächtigten sich rechtfertigt. Bestreitet das Unternehmen das Vorhandensein dieser Voraussetzung, so entscheidet darüber der Bundesrath auf Grund der ihm vorzulegenden Nachweise. Das Verlangen kann von den Zentralbehörden mehrerer Bundesstaaten zusammen auf Bestellung eines gemeinschaftlichen Hauptbevollmächtigten gerichtet werden. Der Hauptbevollmächtigte muß seinen Wohnsitz innerhalb des betreffenden Bundesstaats beziehungsweise der zusammengehenden Bundesstaaten haben; er gilt als ermächtigt, die Unternehmung zu vertreten, insbesondere die Versicherungsverträge mit Versicherungsnehmern des Bundesstaats beziehungsweise der zusammengehenden Bundesstaaten und über daselbst belegene Grundstücke mit verbindlicher Kraft abzuschließen, auch alle Ladungen und Verfügungen für die Unternehmung in Empfang zu nehmen. Zum Abschlusse der Lebensversicherungsverträge ist jedoch die vorausgegangene Genehmigung der Zentralleitung der Unternehmung erforderlich, die in dem Vertrage zum Ausdrucke gebracht werden muß.
Für Klagen, die aus dem Versicherungsgeschäft innerhalb des Bundesstaats beziehungsweise der zusammengehenden Bundesstaaten gegen die Unternehmung erhoben werden, ist das Gericht zuständig, wo der Hauptbevollmächtigte seinen Wohnsitz hat. Dieser Gerichtsstand darf nicht vertragsmäßig ausgeschlossen werden.

§. 116.

Auf Grund „RGBl-1709201-Nr26“ als gegenstandslos gestrichen.

§. 117.

Durch Beschluß des Bundesraths kann angeordnet werden:

1. daß die Vorschrift des §. 6 Abs. 2 auch für andere als die dort bezeichneten Versicherungszweige gilt;
2. daß für Versicherungszweige, für welche die Vorschrift des §. 6 Abs. 2 nicht gilt, die Vorschriften dieses Gesetzes ganz oder theilweise außer Anwendung bleiben.

§. 118.

Alle der Beaufsichtigung nach Maßgabe dieses Gesetzes unterliegenden Unternehmungen sind verpflichtet, dem Aufsichtsamte für Privatversicherung die von diesem erforderten statistischen Nachweise über ihren Geschäftsbetrieb einzureichen. Ueber die hiernach zu erfordernden statistischen Nachweise ist der Versicherungsbeirath zu hören.

§. 119.

Die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften errichteten öffentlichen Versicherungsanstalten unterliegen den Vorschriften dieses Gesetzes und sind verpflichtet, nach näherer Anordnung des Bundesraths bestimmte statistische Nachweise über ihren Geschäftsbetrieb an das Aufsichtsamt für Privatversicherung einzureichen.

§. 120.

Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen der Betrieb bestimmter Versicherungsgeschäfte öffentlichen Anstalten vorbehalten ist.

§. 121.

Unberührt bleiben die landesrechtlichen Vorschriften über die polizeiliche Ueberwachung der Feuerversicherungsverträge nach ihrem Abschluß und der Auszahlung von Brandentschädigungen; dagegen werden aufgehoben, die landesrechtlichen Vorschriften, welche den Abschluß von Feuerversicherungsgeschäften von einer vorgängigen polizeilichen Genehmigung abhängig machen, sowie die landesrechtlichen Vorschriften, durch welche der unmittelbare Abschluß von Feuerversicherungsverträgen mit solchen Vertretungen verboten wird, die sich nicht im Staatsgebiete befinden.
Unberührt bleiben ferner die landesrechtlichen Vorschriften und die mit Landesbehörden getroffenen Vereinbarungen über die Verpflichtungen der Feuerversicherungsunternehmungen in Bezug auf die Leistung von Abgaben für gemeinnützige Zwecke, insbesondere zur Förderung des Feuerlöschwesens oder zur Unterstützung von Mitgliedern von Feuerwehren und sonstigen bei Hülfeleistung in Brandfällen verunglückten Personen oder ihrer Hinterbliebenen.
Unberührt bleiben auch Verpflichtungen, welche nach dem Stande vom 1. Januar 1901 Feuerversicherungsunternehmungen in einem Bundesstaate nach Landesrecht oder auf Grund von Vereinbarungen mit Landesbehörden hinsichtlich der Uebernahme gewisser Versicherungen obliegen, wenn die Unternehmung ihren Geschäftsbetrieb in dem Bundesstaate fortsetzt oder die Zulassung nach Maßgabe dieses Gesetzes erlangt. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen wird von der Aufsichtsbehörde nach Maßgabe dieses Gesetzes überwacht.

§. 122.

Auf Grund „RGBl-1709201-Nr26“ als gegenstandslos gestrichen.

§. 123.

Die Vorschrift des §. 39 Abs. 3 findet auf Versicherungsaktiengesellschaften entsprechende Anwendung.

§. 124.

Die Aussichtsbehörde kann für Vereine auf Gegenseitigkeit, die der Eintragungspflicht nicht unterliegen, hinsichtlich der Zulassung, der Geschäftsführung und der Rechnungslegung Abweichungen von den Vorschriften der §§. 11, 12, 55 bis 57 gestatten.
Soweit die Abweichungen sich auf die Geschäftsführung und die Rechnungslegung beziehen, können sie insbesondere davon abhängig gemacht werden, daß in mehrjährigen Zeiträumen auf Kosten des Vereins eine Prüfung des Geschäftsbetriebs und der Vermögenslage durch einen Sachverständigen vorgenommen und der Prüfungsbericht der Aufsichtsbehörde eingereicht wird.

§. 125.

Als gegenstandslos gestrichen.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Graf von Bülow.




Deutsches Reichsgesetzblatt 1900

Deutsches Reichsgesetzblatt 1900

Textdaten
<<< 1899 1901 >>>
Autor: Amtliches Werk
Titel: Reichs-Gesetzblatt
Herausgeber: Reichsamt des Innern
Erscheinungsdatum: 1900
Erscheinungsort: Berlin
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: amtliches Gesetz- und Verkündungsblatt des Deutschen Reichs
Bearbeitungsstand
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Reichs-Gesetzblatt.
1900.

Enthält
die Gesetze, Verordnungen u. s. w. vom 10. Januar bis 8. Dezember 1900,
nebst einem Vertrage vom Jahre 1897 sowie zwei Verträgen und zwei
Verordnungen vom Jahre 1899.
(Von Nr. 2642 bis einschl. Nr. 2741.)
Nr. 1 bis einschl. Nr. 57.

Berlin,
zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamte.

Inhaltsverzeichnis

Chronologische Uebersicht
der im Reichs-Gesetzblatte
vom Jahre 1900
enthaltenen Gesetze, Verordnungen u. s. w.
Datum
des
Gesetzes etc.
Ausgegeben
zu
Berlin.
I n h a l t. Nr.
des
Stücks.
Nr.
des
Gesetzes etc.
Seiten.
19. März 1897. 13. März 1900. Internationale Sanitäts-Uebereinkunft betr. Maßregeln gegen die Einschleppung und Verbreitung der Pest. 9. 2653.
(mit Anl.)
43–126.
5. Juni 1899. 31. Janr. 1900. Uebereinkunft zwischen dem Deutschen Reiche und der Orientalischen Republik Uruguay in Betreff des Handels- und Schiffahrtsvertrags vom 20. Juni 1892. 3. 2645. 5–6.
8. Juni 1899. 27. Septbr. 1900. Internationale Konvention, betr. die Revision der in der General-Akte der Brüsseler Antisklaverei-Konferenz nebst Deklaration von 2. Juli 1890 vorgesehenen Behandlung der Spirituosen bei ihrer Zulassung in bestimmten Gebieten Afrikas. 43. 2715. 823–829.
28. Dezbr. 1899. 6. Janr. 1900. Verordnung, betr. das Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898. 1. 2642. 1.
28. Dezbr. 1899. 6. Janr. 1900. Verordnung, betr. die Uebertragung der Befugnisse des preußischen General-Auditoriats auf das Reichsmilitärgericht. 1. 2643. 2.
10. Janr. 1900. 16. Janr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 2. 2644. 3.
24. Janr. 1900. 25. Septbr. 1900. Deklaration zu der am 19. März 1897 zu Venedig unterzeichneten Sanitäts-Uebereinkunft, betr. Maßregeln gegen die Einschleppung und Verbreitung der Pest. 42. 2714. 821–822. [II]
25. Janr. 1900. 3. Febr. 1900. Bekanntmachung, betr. eine VI. Ausgabe der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste. 4. 2647. 11–30.
26. Janr. 1900. 31. Janr. 1900. Ausführungsbestimmungen zum Telegraphenwegegesetze. 4. 2646. 7–10.
6. Febr. 1900. 12. Febr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung und den Betrieb der Zinkhütten. 5. 2649. 32–36.
7. Febr. 1900. 12. Febr. 1900. Gesetz, betr. die Kontrole des Reichshaushalts, des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1899. 5. 2648. 31.
15. Febr. 1900. 16. Febr. 1900. Gesetz, betr. die Freundschaftsverträge mit Tonga und Samoa und den Freundschafts-, Handels-, und Schiffahrtsvertrag mit Zanzibar. 6. 2650. 37.
17. Febr. 1900. 24. Febr. 1900. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes, betr. die Freundschaftsverträge mit Tonga und Samoa und den Freundschafts-, Handels-, und Schiffahrtsvertrag mit Zanzibar. 7. 2651. 39.
17. Febr. 1900. 29. März 1900. Allerhöchster Erlaß, betr. die Erklärung des Schutzes über die Samoainseln westlich des 171. Längengrads w. L. 12. 2657. 135.
17. Febr. 1900. 29. März 1900. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse in Samoa. 12. 2659. 136–138.
1. März 1900. 7. März 1900. Verordnung, betr. das Flaggenrecht deutscher Binnenschiffe, die ausschließlich auf ausländischen Gewässern verkehren. 8. 2652. 41.
8. März 1900. 15. März 1900. Bekanntmachung, betr. die Zuständigkeit für Todeserklärungen. 10. 2655. 128.
12. März 1900. 15. März 1900. Verordnung über die weitere Inkraftsetzung des Gesetzes, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 26. Juli 1897. 10. 2654. 127.
19. März 1900. 22. März 1900. Reichsschuldenordnung. 11. 2656. 129–134.
26. März 1900. 29. März 1900. Bekanntmachung, betr. den Uebergang der westlich des 171. Längengrads westlich von Greenwich gelegenen Inseln der Samoagruppe in deutschen Besitz und die Verkündung des Allerhöchsten Erlasses vom 17. Februar 1900, mit dem diese Inseln unter Kaiserlichen Schutz genommen worden sind. 12. 2658. 136. [III]
26. März 1900. 29. März 1900. Bekanntmachung, betr. die Verkündung der Kaiserlichen Verordnung über die Rechtsverhältnisse in Samoa von 17. Februar 1900 im Schutzgebiete von Samoa. 12. 2660. 138.
30. März 1900. 31. März 1900. Gesetz, betr. die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr 1900. 13. 2661.
(mit Anl.)
139–172.
30. März 1900. 31. März 1900. Gesetz wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen aus dem Rechnungsjahr 1900 zur Schuldentilgung. 13. 2662. 173.
30. März 1900. 31. März 1900. Gesetz, betr. die Feststellung des Haushalts-Etats für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1900. 13. 2663.
(mit Anl.)
174–210.
2. April 1900. 2. April 1900. Bekanntmachung, betr. den Rücktritt des Fürstenthums Montenegro von der Berner internationalen Urheberrechtsübereinkunft vom 9. September 1886 sowie von den am 4. Mai 1896 dazu getroffenen Zusatzabkommen. 14. 2664. 211.
4. April 1900. 5. Mai 1900. Verordnung, betr. Ermächtigung des Gouverneurs von Kamerun zum Erlasse von Anordnungen zum Schutze des Waldbestandes. 16. 2668. 231.
7. April 1900. 23. April 1900. Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit. 15. 2665. 213–228.
7. April 1900. 28. Juli 1900. Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reiche und Belgien über den grenzüberspringenden Fabrikverkehr. 33. 2701. 781–783.
9. April 1900. 23. April 1900. Gesetz, betr. die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit. 15. 2666. 228–229.
12. April 1900. 23. April 1900. Bekanntmachung, betr. die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. 15. 2667. 229.
2. Mai 1900. 5. Mai 1900. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7. April 1891. 16. 2669. 232.
21. Mai 1900. 25. Mai 1900. Gesetz, betr. die Patentanwälte. 17. 2670. 233–238.
25. Mai 1900. 30. Mai 1900. Gesetz, betr. die Postdampfschiffsverbindungen mit Afrika. 18. 2671. 239 –240.
1. Juni 1900. 6. Juni 1900. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1900. 19. 2672.
(mit Anl.)
241–244. [IV]
1. Juni 1900. 6. Juni 1900. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts-Etat für das Rechnungsjahr 1900. 19. 2673.
(mit Anl.)
245–246.
1. Juni 1900. 6. Juni 1900. Gesetz, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Haushalts-Etat für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1900. 19. 2674.
(mit Anl.)
247 –249.
1. Juni 1900. 6. Juni 1900. Gesetz, betr. Aenderungen im Münzwesen. 19. 2675. 250–251.
3. Juni 1900. 11. Juli l 1900. Gesetz, betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. 27. 2692. 547–555.
13. Juni 1900. 14. Juni 1900. Bekanntmachung, betr. die Außerkurssetzung der Reichsgoldmünzen zu fünf Mark. 20. 2676. 253.
14. Juni 1900. 20. Juni 1900. Gesetz, betr. die deutsche Flotte. 21. 2677.
(mit Anl.)
255–259.
14. Juni 1900. 20. Juni 1900. Gesetz, betr. Abänderung des Reichsstempelgesetzes vom 27. April 1894. 21. 2678.
(mit Anl.)
260–274.
14. Juni 1900. 20. Juni 1900. Bekanntmachung, betr. die Fassung des Reichsstempelgesetzes. 21. 2679.
(mit Anl.)
275–297.
14. Juni 1900. 20. Juni 1900. Gesetz, betr. Abänderung des Zolltarifgesetzes. 21. 2680. 298.
15. Juni 1900. 20. Juni 1900. Verordnung, betr. die Aufhebung der Beschränkungen der Einfuhr aus Portugal. 22. 2681. 299.
15. Juni 1900. 20. Juni 1900. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 22. 2682. 300.
25. Juni 1900. 30. Juni 1900. Gesetz, betr. Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs. 23. 2683. 301–303.
25. Juni 1900. 30. Juni 1900. Gesetz, betr. die militärische Strafrechtspflege im Kiautschou-Gebiete. 23. 2684. 304.
27. Juni 1900. 18. Juli 1900. Staatsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Niederlanden, betr. die Eisenbahn von Ahaus nach Enschede. 28. 2694. 557–565.
30. Juni 1900. 4. Juli 1900. Gesetz, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 24. 2685. 305.
30. Juni 1900. 4. Juli 1900. Gesetz, betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. 24. 2686. 306–317.
30. Juni 1900. 5. Juli 1900. Gesetz, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung. 25. 2688. 321–332.
30. Juni 1900. 5. Juli 1900. Gesetz, betr. die Abänderung des Krankenversicherungsgesetzes. 25. 2689. 332–333. [V]
30. Juni 1900. 11. Juli 1900. Gesetz, betr. die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze. 26. 2690.
(mit Anl.)
335–535.
Gewerbe-Unfallversicherungsgesetz 347–402.
Unfallversicherungsgesetz für Land- und Forstwirthschaft 403–459.
Bau-Unfallversicherungsgesetz 460–477.
See-Unfallversicherungsgesetz 478–535.
30. Juni 1900. 11. Juli 1900. Gesetz, betr. die Unfallfürsorge für Gefangene. 26. 2691. 536–545.
30. Juni 1900. 23. Juli 1900. Verordnung über die theilweise Inkraftsetzung des Gesetzes, betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. 30. 2698. 775.
2. Juli 1900. 4. Juli 1900. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Anlage B zur Eisenbahn-Verkehrsordnung. 24. 2687. 318–319.
4. Juli 1900. 11. Juli 1900. Bekanntmachung, betr. die Ein- und Durchfuhrbeschränkungen zur Abwehr von Cholera- und Pestgefahr. 27. 2693. 555.
4. Juli 1900. 21. Juli 1900. Bekanntmachung des Textes der Unfallversicherungsgesetze vom 30. Juni 1900. 29. 2697.
(mit Anl.)
573–773.
      I. Gesetz, betr. die Abänderung der Unfallversicherungsgesetze. 573–584.
      II. Gewerbe-Unfallversicherungsgesetz. 585–640.
      III. Unfallversicherungsgesetz für Land- und Forstwirthschaft. 641–697.
      IV. Bau-Unfallversicherungsgesetz. 698–715.
      V. See-Unfallversicherungsgesetz. 716–773.
9. Juli 1900. 18. Juli 1900. Verordnung, betr. die Inkraftsetzung der im §. 154 Abs. 3 der Gewerbeordnung getroffenen Bestimmung. 28. 2695. 565–566.
13. Juli 1900. 18. Juli 1900. Bekanntmachung, betr. die Ausführungsbestimmungen des Bundesraths über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und von Arbeiterinnen in Werkstätten mit Motorbetrieb. 28. 2696. 566–571.
15. Juli 1900. 26. Juli 1900. Verordnung, betr. die Inkraftsetzung der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 für das ostasiatische Expeditonskorps. 32. 2700. 779. [VI]
18. Juli 1900. 29. Septbr. 1900. Verordnung, betr. das strafgerichtliche Verfahren gegen Militärpersonen der Kaiserlichen Schutztruppen. 44. 2716. 831–838.
23. Juli 1900. 25. Juli 1900. Bekanntmachung, betr. die Handelsbeziehungen zum Britischen Reiche. 31. 2699. 777.
23. Juli 1900. 29. Septbr. 1900. Ausführungsbestimmungen zu der Verordnung, betr. das strafgerichtliche Verfahren gegen Militärpersonen der Kaiserlichen Schutztruppen. 44. 2717. 839–845.
25. Juli 1900. 13. Septbr. 1900. Gesetz, betr. Aenderungen des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75, Reichs-Gesetzbl. 1899 S. 365). 40. 2711. 809–812.
26. Juli 1900. 3. August 1900. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Militär-Transport-Ordnung. 34. 2702. 785–786.
26. Juli 1900. 15. Oktbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Redaktion der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. 47. 2722.
(mit Anl.)
871–979.
4. August 1900. 9. August 1900. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 35. 2703. 787–788.
6. August 1900. 10. August 1900. Verordnung, betr. das Verbot der Ausfuhr von Waffen und Kriegsmaterial nach China. 36. 2704. 789.
6. August 1900. 16. August 1900. Verordnung, betr. Einfuhrbeschränkungen wegen Gefahr der Einschleppung der San José Schildlaus. 37. 2705. 791–792.
18. August 1900. 8. Septbr. 1900. Bekanntmachung, betr. Ergänzung der Aichordnung und der Aichgebührentaxe. 38. 2708.
(mit Anl.)
805.
21. August 1900. 13. Septbr. 1900. Verordnung, betr. Zeigen der Nationalflagge durch Kauffahrteischiffe. 39. 2709. 807–808.
27. August 1900. 8. Septbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs. 38. 2707. 805.
3. Septbr. 1900. 8. Septbr. 1900. Verordnung, betr. Abänderung des Statuts der Reichsbank vom 21. Mai 1875 (Reich-Gesetzbl. S. 203). 38. 2706.
(mit Anl.)
793–804.
6. Septbr. 1900. 13. Septbr. 1900. Bekanntmachung, betr. das Erlöschen des Postvertrags zwischen dem Norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg und Baden einerseits und der Schweiz andererseits. 39. 2710. 808. [VII]
10. Septbr. 1900. 13. Septbr. 1900. Bekanntmachung wegen Redaktion des Schutzgebietsgesetzes. 40. 2712.
(mit Anl.)
812–817.
14. Septbr. 1900. 15. Septbr. 1900. Bekanntmachung, betr. Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus Glasgow. 41. 2713. 819.
25. Septbr. 1900. 11. Oktbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die östlich des 171. Längengrads westlich von Greenwich gelegenen Inseln der Samoagruppe. 46. 2719. 849.
3. Oktbr. 1900. 4. Oktbr. 1900. Verfügung wegen Inkrafttretens der Allerhöchsten Verordnung, betr. das Bergwesen in Deutsch-Ostafrika, vom 9. Oktober 1898. 45. 2718. 847.
6. Oktbr. 1900. 11. Oktbr. 1900. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. 46. 2720.
(mit Anl.)
849–869.
8. Oktbr. 1900. 11. Oktbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Erweiterung der Festungsanlagen und der Rayons für den Kieler Hafen. 46. 2721. 870.
16. Oktbr. 1900. 18. Oktbr. 1900. Verordnung, betr. die Einberufung des Reichstags. 48. 2723. 981.
16. Oktbr. 1900. 3. Novbr. 1900. Verordnung über die Abblendung der Seitenlichter und die Einrichtung der Positionslaternen auf Seeschiffen. 51. 2727. 1003–1004.
19. Oktbr. 1900. 24. Oktbr. 1900. Verordnung, betr. den Geschäftsgang und das Verfahren des Reichs-Versicherungsamts. 49. 2724. 983–997.
25. Oktbr. 1900. 31. Oktbr. 1900. Verordnung zur Einführung des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit. 50. 2725. 999–1000.
25. Oktbr. 1900. 31. Oktbr. 1900. Verordnung, betr. die Rechte an Grundstücken und die Anlegung von Grundbüchern in den deutschen Niederlassungen in Tientsin und Hankau. 50. 2726. 1000–1002.
1. Novbr. 1900. 3. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Inkraftsetzung der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 für das ostasiatische Expeditionskorps. 51. 2728. 1004.
8. Novbr. 1900. 24. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Außerkurssetzung der Vereinsthaler österreichischen Gepräges. 54. 2732. 1013. [VIII]
9. Novbr. 1900. 14. Novbr. 1900. Verordnung, betr. die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten. 52. 2729. 1005–1008.
10. Novbr. 1900. 14. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügte Liste. 52. 2730. 1009.
14. Novbr. 1900. 17. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. Aenderungen der Militär-Transport-Ordnung. 53. 2731. 1011.
20. Novbr. 1900. 24. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Ergänzung der Bestimmungen über die Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel. 54. 2733. 1014.
20. Novbr. 1900. 24. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. Bestimmungen für den Kleinhandel mit Garn. 54. 2734. 1014–1015.
22. Novbr. 1900. 26. Novbr. 1900. Verordnung, betr. das Verfahren vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversicherung. 55. 2735. 1017–1030.
22. Novbr. 1900. 26. Novbr. 1900. Verordnung, betr. die Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung. 55. 2736. 1031.
27. Novbr. 1900. 30. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Ein- und Durchfuhr aus Glasgow. 56. 2737. 1033.
28. Novbr. 1900. 30. Novbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung von Sitzgelegenheit für Angestellte in offenen Verkaufsstellen. 56. 2738. 1033–1034.
29. Novbr. 1900. 15. Dezbr. 1900. Bekanntmachung, betr. eine Abänderung des Verzeichnisses der gewerblichen Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen. 57. 2740. 1036.
6. Dezbr. 1900. 15. Dezbr. 1900. Verordnung, betr. den Diensteid der Senatspräsidenten, Räthe und Mitglieder der Militäranwaltschaft beim Reichsmilitärgerichte. 57. 2739. 1035.
8. Dezbr. 1900. 15. Dezbr. 1900. Bekanntmachung, betr. die Einrichtung der Positionslaternen auf Seeschiffen. 57. 2741. 1036–1038.



Schutzgebietsgesetz

Titel: Bekanntmachung wegen Redaktion des Schutzgebietsgesetzes.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 40, Seite 812 – 817
Fassung vom: 10. September 1900
Bekanntmachung: 13. September 1900
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2712.) Bekanntmachung wegen Redaktion des Schutzgebietsgesetzes. Vom 10. September 1900.

Auf Grund des Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Juli 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 809) wird der Text des Schutzgebietsgesetzes nachstehend bekannt gemacht.

Berlin, den 10. September 1900.

Der Reichskanzler. 

Fürst zu Hohenlohe.__________________

Schutzgebietsgesetz.

§. 1.

Die Schutzgewalt in den deutschen Schutzgebieten übt der Kaiser im Namen des Reichs aus.

§. 2.

Auf die Gerichtsverfassung in den Schutzgebieten finden die Vorschriften der §§. 5, 7 bis 15, 17, 18 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 213) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des Konsuls der von dem Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigte Beamte und an die Stelle des Konsulargerichts das in Gemäßheit der Vorschriften über das letztere zusammengesetzte Gericht des Schutzgebiets tritt.

§. 3.

In den Schutzgebieten gelten die im §. 19 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Vorschriften der Reichsgesetze und preußischen Gesetze. Die Vorschriften der §§. 20 bis 22, des §. 23 Abs. 1 bis 3 und 5, der §§. 26, 29 bis 31, 33 bis 35, 37 bis 45, 47, 48, 52 bis 75 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit finden entsprechende Anwendung.

§. 4.

Die Eingeborenen unterliegen der im §. 2 geregelten Gerichtsbarkeit und den im §. 3 bezeichneten Vorschriften nur insoweit, als dies durch Kaiserliche Verordnung bestimmt wird. Den Eingeborenen können durch Kaiserliche Verordnung bestimmte andere Theile der Bevölkerung gleichgestellt werden.

§. 5.

Die Militärgerichtsbarkeit wird durch dieses Gesetz nicht berührt.

§. 6.

Durch Kaiserliche Verordnung kann:

1. in Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind, Gefängniß bis zu einem Jahre, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände angedroht werden;
2. vorgeschrieben werden, daß in Strafsachen

a) die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft mit der Maßgabe eintritt, daß, soweit die Staatsanwaltschaft zuständig ist, die Vorschriften der §§. 56, 65 und des §. 71 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit außer Anwendung bleiben,
b) eine Voruntersuchung stattfindet, deren Regelung der Verordnung vorbehalten bleibt,
c) der §. 9 Abs. 2 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit keine Anwendung findet;
3. angeordnet werden, daß in Strafsachen, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegenstande hat, welche zur Zuständigkeit der Schöffengerichte oder zu den in den §§. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Vergehen gehört, in der Hauptverhandlung eine Zuziehung von Beisitzern nicht erforderlich ist;
4. die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen den Gerichten der Schutzgebiete in der Weise übertragen werden, daß für diese Sachen, soweit nicht auf Grund der Nr. 2 etwas Anderes bestimmt wird, die Vorschriften Anwendung finden, welche für die im §. 8 Abs. 2 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten;
5. an Stelle der Enthauptung eine andere, eine Schärfung nicht enthaltende Art der Vollstreckung der Todesstrafe angeordnet werden;
6. die nach dem Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit begründete Zuständigkeit des Reichsgerichts einem Konsulargericht oder einem Gerichtshof in einem Schutzgebiet übertragen und über die Zusammensetzung des letzteren Gerichtshofs sowie über das Verfahren in Berufungs- und Beschwerdesachen, die vor einem dieser Gerichte zu verhandeln sind, mit der Maßgabe Anordnung getroffen werden, daß das Gericht aus einem Vorsitzenden und mindestens vier Beisitzern bestehen muß;
7. für die Zustellungen, die Zwangsvollstreckung und das Kostenwesen die Anwendung einfacherer Bestimmungen vorgeschrieben werden;
8. für die gerichtliche und notarielle Beurkundung von Rechtsgeschäften mit Ausschluß der Verfügungen von Todeswegen ein einfacheres Verfahren vorgeschrieben sowie die Zuständigkeit der Notare eingeschränkt werden;
9. die Verlängerung aller zur Geltendmachung von Rechten und zur Erfüllung von Pflichten gesetzlich festgestellten Fristen angeordnet werden.

§. 7.

Auf die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes in den Schutzgebieten finden die §§. 2 bis 9, 11, 12 und 14 des Gesetzes vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599, Reichs-Gesetzbl. 1896 S. 614) entsprechende Anwendung. Die Ermächtigung zur Eheschließung und zur Beurkundung des Personenstandes wird durch den Reichskanzler ertheilt.
Die Form einer Ehe, die in einem Schutzgebiete geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den Vorschriften des bezeichneten Gesetzes.
Die Eingeborenen unterliegen den Vorschriften der Abs. 1, 2 nur insoweit, als dies durch Kaiserliche Verordnung bestimmt wird. Den Eingeborenen können durch Kaiserliche Verordnung bestimmte andere Theile der Bevölkerung gleichgestellt werden.

§. 8.

Die Befugnisse, welche den deutschen Konsuln im Auslande nach anderen als den beiden in den §§. 2 und 7 bezeichneten Gesetzen zustehen, können durch den Reichskanzler Beamten in den Schutzgebieten übertragen werden.

§. 9.

Ausländern, welchem den Schutzgebieten sich niederlassen, sowie Eingeborenen kann durch Naturalisation die Reichsangehörigkeit von dem Reichskanzler verliehen werden. Der Reichskanzler ist ermächtigt, diese Befugniß einem anderen Kaiserlichen Beamten zu übertragen.
Auf die Naturalisation und das durch dieselbe begründete Verhältniß der Reichsangehörigkeit finden die Bestimmungen des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355, Reichs-Gesetzbl. 1896 S. 615) sowie Artikel 3 der Reichsverfassung und §. 4 des Wahlgesetzes für den Deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 145) entsprechende Anwendung.
Im Sinne des §. 21 des bezeichneten Gesetzes sowie bei Anwendung des Gesetzes wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 119) gelten die Schutzgebiete als Inland.

§. 10.

Durch Kaiserliche Verordnung können Eingeborene der Schutzgebiete in Beziehung auf das Recht zur Führung der Reichsflagge (Gesetz, betreffend das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe, vom 22. Juni 1899, Reichs-Gesetzbl. S. 319) den Reichsangehörigen gleichgestellt werden.
Die Führung der Reichsflagge in Folge der Verleihung dieses Rechtes hat nicht die Wirkung, daß das betreffende Schiff als deutsches Seefahrzeug im Sinne des §. 1 Abs. 1 Nr. 1 und §. 3 Abs. 1 des See-Unfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 716) gilt.

§. 11.

Deutschen Kolonialgesellschaften, welche die Kolonisation der deutschen Schutzgebiete, insbesondere den Erwerb und die Verwerthung von Grundbesitz, den Betrieb von Land- oder Plantagenwirthschaft, den Betrieb von Bergbau, gewerblichen Unternehmungen und Handelsgeschäften in denselben zum ausschließlichen Gegenstand ihres Unternehmens und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben oder denen durch Kaiserliche Schutzbriefe die Ausübung von Hoheitsrechten in den deutschen Schutzgebieten übertragen ist, kann auf Grund eines vom Reichskanzler genehmigten Gesellschaftsvertrags (Statuts) durch Beschluß des Bundesraths die Fähigkeit beigelegt werden, unter ihrem Namen Rechte, insbesondere Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken zu erwerben, Verbindlichkeiten einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. In solchem Falle haftet den Gläubigern für alle Verbindlichkeiten der Kolonialgesellschaft nur das Vermögen derselben.
Das Gleiche gilt für deutsche Gesellschaften, welche den Betrieb eines Unternehmens der im Abs. 1 bezeichneten Art in dem Hinterland eines deutschen Schutzgebiets oder in sonstigen dem Schutzgebiete benachbarten Bezirken zum Gegenstand und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben.
Der Beschluß des Bundesraths und im Auszuge der Gesellschaftsvertrag sind durch den Reichsanzeiger zu veröffentlichen.

§. 12.

Der Gesellschaftsvertrag hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten:

1. über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft;
2. über die Vertretung der Gesellschaft Dritten gegenüber;
3. über die Befugnisse der die Gesellschaft leitenden und der die Leitung beaufsichtigenden Organe derselben;
4. über die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder;
5. über die Jahresrechnung und Vertheilung des Gewinns;
6. über die Auflösung der Gesellschaft und die nach derselben eintretende Vermögensvertheilung.

§. 13.

Die Gesellschaften, welche die im §. 11 erwähnte Fähigkeit durch Beschluß des Bundesraths erhalten haben, unterstehen der Aufsicht des Reichskanzlers. Die einzelnen Befugnisse desselben sind in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

§. 14.

Den Angehörigen der im Deutschen Reiche anerkannten Religionsgemeinschaften werden in den Schutzgebieten Gewissensfreiheit und religiöse Duldung gewährleistet. Die freie und öffentliche Ausübung dieser Kulte, das Recht der Erbauung gottesdienstlicher Gebäude und der Einrichtung von Missionen der bezeichneten Religionsgemeinschaften unterliegen keinerlei gesetzlicher Beschränkung noch Hinderung.

§. 15.

Der Reichskanzler hat die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Anordnungen zu erlassen.
Der Reichskanzler ist befugt, für die Schutzgebiete oder für einzelne Theile derselben polizeiliche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Gefängniß bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen.
Die Ausübung der Befugniß zum Erlasse von Ausführungsbestimmungen (Abs. 1) und von Verordnungen der im Abs. 2 bezeichneten Art kann vom Reichskanzler der mit einem Kaiserlichen Schutzbriefe für das betreffende Schutzgebiet versehenen Kolonialgesellschaft sowie den Beamten des Schutzgebiets übertragen werden.

§. 16.

Für Schutzgebiete, in denen das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 und das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 noch nicht in Kraft gesetzt sind, wird der Zeitpunkt, in welchem die §§. 2 bis 4 dieses Gesetzes in Kraft treten, durch Kaiserliche Verordnung bestimmt.



Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau

Titel: Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 27, Seite 547 – 555
Fassung vom: 3. Juni 1900
Bekanntmachung: 11. Juli 1900
Änderungsstand: 27. Februar 2017 durch RGBl-1702151-Nr09
Quelle: Scan auf Commons Stand vor der Änderung

(Nr. 2692.) Gesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. Vom 3. Juni 1900.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, und Pferde, deren Fleisch zum Genusse für Menschen verwendet werden soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung. Durch Beschluß des Bundesraths kann die Untersuchungspflicht auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden.
Bei Nothschlachtungen darf die Untersuchung vor der Schlachtung unterbleiben.
Der Fall der Nothschlachtung liegt dann vor, wenn zu befürchten steht, daß das Thier bis zur Ankunft des zuständigen Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung des krankhaften Zustandes wesentlich an Werth verlieren werde oder wenn das Thier in Folge eines Unglücksfalls sofort getödtet werden muß.

§. 2.

Bei Schlachtthieren, deren Fleisch ausschließlich im eigenen Haushalte des Besitzers verwendet werden soll, darf, sofern sie keine Merkmale einer die Genußtauglichkeit des Fleisches ausschließenden Erkrankung zeigen, die Untersuchung vor der Schlachtung und, sofern sich solche Merkmale auch bei der Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung nach der Schlachtung unterbleiben.
Eine gewerbsmäßige Verwendung von Fleisch, bei welchem aus Grund des Abs. 1 die Untersuchung unterbleibt, ist verboten.
Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speiseanstalten, Gefangenanstalten, Armenhäuser und ähnlicher Anstalten sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, Gast-, Schank- und Speisewirthe nicht anzusehen.

§. 3.

Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und Zeiten, in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die Untersuchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachtthiere anzuordnen.

§. 4.

Fleisch im Sinne dieses Gesetzes sind Theile von warmblütigen Thieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich zum Genusse für Menschen eignen. Als Theile gelten auch die aus warmblütigen Thieren hergestellten Fette und Würste, andere Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrath dies anordnet.

§. 5.

Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke zu bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer sowie ein Stellvertreter zu bestellen.
Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den Armeekonservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungen können seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt werden.
Zu Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere Personen, welche genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu bestellen.

§. 6.

Ergiebt sich bei den Untersuchungen das Vorhandensein oder der Verdacht einer Krankheit, für welche die Anzeigepflicht besteht, so ist nach Maßgabe der hierüber geltenden Vorschriften zu verfahren.

§. 7.

Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Beschauer sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden besonderen Vorsichtsmaßregeln zu genehmigen.
Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Thieres darf nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmaßregeln stattfinden.
Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach Ertheilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Untersuchung und Genehmigung zulässig.

§. 8.

Ergiebt die Untersuchung nach der Schlachtung, daß kein Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der Beschauer es als tauglich zum Genusse für Menschen zu erklären.
Vor der Untersuchung dürfen Theile eines geschlachteten Thieres nicht beseitigt werden.

§. 9.

Ergiebt die Untersuchung, daß das Fleisch zum Genusse für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten.
Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung ergeben hat, darf als Nahrungs- oder Genußmittel für Menschen nicht in Verkehr gebracht werden.
Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde bestimmt, welche Sicherungsmaßregeln gegen eine Verwendung des Fleisches zum Genusse für Menschen zu treffen sind.
Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmaßregeln in Verkehr gebracht werden.
Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird.

§. 10.

Ergiebt die Untersuchung, daß das Fleisch zum Genusse für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungsmaßregeln das Fleisch zum Genusse für Menschen brauchbar gemacht werden kann.
Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genußmittel für Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter den von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmaßregeln zum Genusse für Menschen brauchbar gemacht worden ist.
Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden die Vorschriften des §. 9 Abs. 3 bis 5 entsprechende Anwendung.

§. 11.

Der Vertrieb des zum Genusse für Menschen brauchbar gemachten Fleisches (§. 10 Abs. 1) darf nur unter einer diese Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Genehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäftsräumen dieser Personen muß an einer in die Augen fallenden Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht werden, daß Fleisch der im Abs. 1 bezeichneten Beschaffenheit zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.
Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§. 8) feilgehalten oder verkauft wird.

§. 12.

Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen Büchsen oder ähnlichen Gefäßen, von Würsten und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleische in das Zollinland ist verboten.
Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das Zollinland bis zum 31. Dezember 1903 folgende Bedingungen:

1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in ganzen Thierkörpern, die bei Rindvieh, ausschließlich der Kälber, und bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können, eingeführt werden.

Mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter in natürlichem Zusammenhange verbunden sein; der Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf weitere Organe auszudehnen.
2. Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden, wenn nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäß ausgeschlossen sind oder die Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr sich feststellen läßt. Diese Feststellung gilt als unausführbar insbesondere bei Sendungen von Pökelfleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke weniger als vier Kilogramm beträgt; auf Schinken, Speck und Därme findet diese Vorschrift keine Anwendung.

Fleisch, welches zwar einer Behandlung zum Zwecke seiner Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigenschaften frischen Fleisches im Wesentlichen behalten hat oder durch entsprechende Behandlung wieder gewinnen kann, ist als zubereitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch solcher Art unterliegt den Bestimmungen in Ziffer 1.
Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1903 sind die Bedingungen für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von neuem zu regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten Zeitpunkte nicht zu Stande kommen, so bleiben die im Abs. 2 festgesetzten Einfuhrbedingungen bis auf Weiteres maßgebend.

§. 13.

Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt bei der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im Inlande bereits vorschriftsmäßig untersuchte und das zur unmittelbaren Durchfuhr bestimmte Fleisch.
Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie diejenigen Zoll- und Steuerstellen, bei welchen die Untersuchung des Fleisches stattfinden kann.

§. 14.

Auf Wildpret und Federvieh, ferner auf das zum Reiseverbrauche mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der §§. 12 und 13 nur insoweit Anwendung, als der Bundesrath dies anordnet.
Für das im kleinen Grenzverkehre sowie im Meß- und Marktverkehre des Grenzbezirkes eingehende Fleisch können durch Anordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Bestimmungen der §§. 12 und 13 zugelassen werden.

§. 15.

Der Bundesrath ist ermächtigt, weitergehende Einfuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen, als in den §§. 12 und 13 vorgesehen sind, zu beschließen.

§. 16.

Die Vorschriften des §. 8 Abs. 1 und der §§. 9 bis 11 gelten auch für das in das Zollinland eingehende Fleisch. An Stelle der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an Stelle der polizeilicherseits anzuordnenden Sicherungsmaßregeln kann jedoch, insoweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen, die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zugelassen werden.
Sofern in Folge polizeilicher Untersuchung von Gegenständen der im §. 1 bezeichneten Art eine rechtskräftige strafrechtliche Verurtheilung eintritt, fallen dem Verurtheilten die durch die polizeiliche Untersuchung erwachsenen Kosten zur Last. Dieselben sind zugleich mit den Kosten des gerichtlichen Verfahrens festzusetzen und einzuziehen.

§. 17.

Fleisch, welches zwar nicht für den menschlichen Genuß bestimmt ist, aber dazu verwendet werden kann, darf zur Einfuhr ohne Untersuchung zugelassen werden, nachdem es zum Genusse für Menschen unbrauchbar gemacht ist.

§. 18.

Bei Pferden muß die Untersuchung (§. 1) durch approbirte Thierärzte vorgenommen werden.
Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung erfolgen, welche in deutscher Sprache das Fleisch als Pferdefleisch erkennbar macht.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Genehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäftsräumen dieser Personen muß an einer in die Augen fallenden Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht werden, daß Pferdefleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.
Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feilhalten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Thieren feilgehalten oder verkauft wird.
Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, daß die vorstehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel und sonstige, seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entsprechende Anwendung finden.

§. 19.

Der Beschauer hat das Ergebniß der Untersuchung an dem Fleische kenntlich zu machen. Das aus dem Ausland eingeführte Fleisch ist außerdem als solches kenntlich zu machen.
Der Bundesrath bestimmt die Art der Kennzeichnung.

§. 20.

Fleisch, welches innerhalb des Reichs der amtlichen Untersuchung nach Maßgabe der §§. 8 bis 16 unterlegen hat, darf einer abermaligen amtlichen Untersuchung nur zu dem Zwecke unterworfen werden, um festzustellen, ob das Fleisch inzwischen verdorben ist oder sonst eine gesundheitsschädliche Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten hat.
Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden mit öffentlichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, insbesondere dem Beschauzwang innerhalb der Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Maßgabe unberührt, daß ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig gemacht werden darf.

§. 21.

Bei der gewerbsmäßigen Zubereitung von Fleisch dürfen Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen, nicht angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes Fleisch aus dem Ausland einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in Verkehr zu bringen.
Der Bundesrath bestimmt die Stoffe und die Arten des Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden.
Der Bundesrath ordnet an, inwieweit die Vorschriften des Abs. 1 auch auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens Anwendung finden, welche eine gesundheitsschädliche oder minderwerthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken geeignet sind.

§. 22.

Der Bundesrath ist ermächtigt,

1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse der Fleischbeschauer zu erlassen,
2. Grundsätze aufzustellen, nach welchen die Schlachtvieh- und Fleischbeschau auszuführen und die weitere Behandlung des Schlachtviehs und Fleisches im Falle der Beanstandung stattzufinden hat,
3. die zur Ausführung der Bestimmungen in dem §. 12 erforderlichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren für die Untersuchung des in das Zollinland eingehenden Fleisches festzusetzen.

§. 23.

Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§. 1) zur Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im Uebrigen werden die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen, insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt ist oder insoweit er von einer durch §. 22 ertheilten Ermächtigung keinen Gebrauch macht, von den Landesregierungen erlassen.

§. 24.

Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinenschau und über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch, welches zwar zum Genusse für Menschen tauglich, jedoch in seinem Nahrungs- und Genußwerth erheblich herabgesetzt ist, ferner landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf

1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere,
2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbirte Thierärzte,
3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches von Thieren der im §. 18 bezeichneten Arten
weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind mit der Maßgabe zulässig, daß ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig gemacht werden darf.

§. 25.

Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das in die Zollausschlüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden haben, bestimmt der Bundesrath.

§. 26.

Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1. wer wissentlich den Vorschriften des §. 9 Abs. 2, 4, des §. 10 Abs. 2, 3, des §. 12 Abs. 1 oder des §. 21 Abs. 1, 2 oder einem auf Grund des §. 21 Abs. 3 ergangenen Verbote zuwiderhandelt;
2. wer wissentlich Fleisch, das den Vorschriften des §. 12 Abs. 1 zuwider eingeführt oder auf Grund des §. 17 zum Genusse für Menschen unbrauchbar gemacht worden ist, als Nahrungs- oder Genußmittel für Menschen in Verkehr bringt;
3. wer Kennzeichen der im §. 19 vorgesehenen Art fälschlich anbringt oder verfälscht, oder wer wissentlich Fleisch, an welchem die Kennzeichen fälschlich angebracht, verfälscht oder beseitigt worden sind, feilhält oder verkauft.

§. 27.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft:

1. wer eine der im §. 26 Nr. 1 und 2 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begeht;
2. wer eine Schlachtung vornimmt, bevor das Thier der in diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des §. 1 Abs. 1 Satz 2, des §. 3, des §. 18 Abs. 5 oder des §. 24 angeordneten Untersuchung unterworfen worden ist;
3. wer Fleisch in Verkehr bringt, bevor es der in diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des §. 1 Abs. 1 Satz 2, des §. 3, des §. 14 Abs. 1, des §. 18 Abs. 5 oder des §. 24 angeordneten Untersuchung unterworfen worden ist;
4. wer den Vorschriften des §. 2 Abs. 2, des §. 7 Abs. 2, 3, des §. 8 Abs. 2, des §. 11, des §. 12 Abs. 2, des §. 13 Abs. 2 oder des §. 18 Abs. 2 bis 4, imgleichen werden auf Grund des §. 15 oder des §. 18 Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den auf Grund des §. 24 ergehenden landesrechtlichen Vorschriften über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch zuwiderhandelt.

§. 28.

In den Fällen des §. 26 Nr. 1 und 2 und des §. 27 Nr. 1 ist neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches zu erkennen. In den Fällen des §. 26 Nr. 3 und des §. 27 Nr. 2 bis 4 kann neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches oder des Thieres erkannt werden. Für die Einziehung ist es ohne Bedeutung, ob der Gegenstand dem Verurtheilten gehört oder nicht.
Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

§. 29.

Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften des §. 16 des bezeichneten Gesetzes finden auch auf Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.

§. 30.

Diejenigen Vorschriften dieses Gesetzes, welche sich auf die Herstellung der zur Durchführung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau erforderlichen Einrichtungen beziehen, treten mit dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes in Kraft.
Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit welchem das Gesetz ganz oder theilweise in Kraft tritt, durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths bestimmt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 3. Juni 1900.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.




Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900

Titel: Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 15, Seite 213 – 228
Fassung vom: 7. April 1900
Bekanntmachung: 23. April 1900
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2665.) Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit. Vom 7. April 1900.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Erster Abschnitt. Umfang der Konsulargerichtsbarkeit.

§. 1.

Die Konsulargerichtsbarkeit wird in den Ländern ausgeübt, in denen ihre Ausübung durch Herkommen oder durch Staatsverträge gestattet ist.
Sie kann durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths für bestimmte Gebiete und in Ansehung bestimmter Rechtsverhältnisse außer Uebung gesetzt werden.

§. 2.

Der Konsulargerichtsbarkeit sind unterworfen:

1. Deutsche, soweit sie nicht in dem Lande, in dem die Konsulargerichtsbarkeit ausgeübt wird, nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht der Exterritorialität genießen;
2. Ausländer, soweit sie für ihre Rechtsverhältnisse durch Anordnung des Reichskanzlers oder auf Grund einer solchen dem deutschen Schutze unterstellt sind (Schutzgenossen).
Den Deutschen (Abs. 1 Nr. 1) werden gleichgeachtet Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische Personen, wenn sie im Reichsgebiet oder in einem deutschen Schutzgebiet ihren Sitz haben, juristische Personen auch dann, wenn ihnen durch den Bundesrath oder nach den bisherigen Vorschriften durch einen Bundesstaat die Rechtsfähigkeit verliehen worden ist. Das Gleiche gilt von offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, die in einem Konsulargerichtsbezirk ihren Sitz haben, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter sämmtlich Deutsche sind. Andere als die bezeichneten Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften und juristischen Personen werden den Ausländern (Abs. 1 Nr. 2) gleichgeachtet.
Durch Anordnung des Reichskanzlers oder auf Grund einer solchen kann bestimmt werden, daß die im Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Handelsgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften und juristischen Personen, wenn Ausländer daran betheiligt sind, der Konsulargerichtsbarkeit nicht unterstehen.

§. 3.

Die Militärgerichtsbarkeit wird durch dieses Gesetz nicht berührt.

Zweiter Abschnitt. Gerichtsverfassung.

§. 4.

Die Konsulargerichtsbezirke werden von dem Reichskanzler nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesraths für Handel und Verkehr bestimmt.

§. 5.

Die Konsulargerichtsbarkeit wird durch den Konsul (§. 2 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, vom 8. November 1867), durch das Konsulargericht und durch das Reichsgericht ausgeübt.

§. 6.

Der Konsul ist zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugt, wenn er dazu von dem Reichskanzler ermächtigt wird.
Der Reichskanzler kann neben dem Konsul sowie an dessen Stelle einem anderen Beamten die dem Konsul bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit obliegenden Verrichtungen übertragen.

§. 7.

Der Konsul ist zuständig:

1. für die durch das Gerichtsverfassungsgesetz, die Prozeßordnungen und die Konkursordnung den Amtsgerichten zugewiesenen Sachen;
2. für die durch Reichsgesetze oder in Preußen geltende allgemeine Landesgesetze den Amtsgerichten übertragenen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§. 8.

Das Konsulargericht besteht aus dem Konsul als Vorsitzendem und zwei Beisitzern.
In Strafsachen sind in der Hauptverhandlung vier Beisitzer zuzuziehen, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Gegenstande hat, das weder zur Zuständigkeit der Schöffengerichte noch zu den in den §§. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Handlungen gehört.

§. 9.

Ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zuziehung von zwei Beisitzern nicht ausführbar, so tritt an die Stelle des Konsulargerichts der Konsul.
Ist in Strafsachen die vorgeschriebene Zuziehung von vier Beisitzern nicht ausführbar, so genügt die Zuziehung von zwei Beisitzern.
Die Gründe, aus denen die Zuziehung von Beisitzern nicht ausführbar war, müssen in dem Sitzungsprotokoll angegeben werden.

§. 10.

Das Konsulargericht ist zuständig:

1. für die durch das Gerichtsverfassungsgesetz und die Prozeßordnungen den Landgerichten in erster Instanz sowie den Schöffengerichten zugewiesenen Sachen;
2. für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidungen des Konsuls in Strafsachen.

§. 11.

In den vor das Konsulargericht gehörenden Sachen steht den Beisitzern ein unbeschränktes Stimmrecht zu.
In den im §. 10 Nr. 1 bezeichneten Sachen nehmen die Beisitzer nur an der mündlichen Verhandlung und an den im Laufe oder auf Grund dieser Verhandlung ergehenden Entscheidungen Theil; die sonst erforderlichen Entscheidungen werden von dem Konsul erlassen.

§. 12.

Der Konsul ernennt für die Dauer eines jeden Geschäftsjahrs aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in Ermangelung solcher aus sonstigen achtbaren Einwohnern seines Bezirkes vier Beisitzer und mindestens zwei Hülfsbeisitzer.
Die Gerichtseingesessenen haben der an sie ergehenden Berufung Folge zu leisten; die §§. 53, 55, 56 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.

§. 13.

Die Beeidigung der Beisitzer erfolgt bei ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher Sitzung. Sie gilt für die Dauer des Geschäftsjahrs. Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigenden die Worte: „Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Beisitzers des deutschen Konsulargerichts getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.“
Die Beisitzer leisten den Eid, indem jeder einzeln, unter Erhebung der rechten Hand, die Worte spricht: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Ist ein Beisitzer Mitglied einer Religionsgesellschaft, der das Gesetz den Gebrauch gewisser Betheuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so wird die Abgabe einer Erklärung unter der Betheuerungsformel dieser Religionsgesellschaft der Eidesleistung gleichgeachtet. Ueber die Beeidigung ist ein Protokoll aufzunehmen.

§. 14.

Das Reichsgericht ist zuständig für die Verhandlung und endgültige Entscheidung über die Rechtsmittel

1. der Beschwerde und der Berufung in den vor dem Konsul oder dem Konsulargerichte verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Konkurssachen;
2. der Beschwerde und der Berufung gegen die Entscheidungen des Konsulargerichts in Strafsachen;
3. der Beschwerde gegen die Entscheidungen des Konsuls in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§. 15.

Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft findet, soweit nicht in diesem Gesetz ein Anderes vorgeschrieben ist, in den vor den Konsul oder das Konsulargericht gehörenden Sachen nicht statt.

§. 16.

Die Personen, welche die Verrichtungen der Gerichtsschreiber und der Gerichtsvollzieher sowie die Verrichtungen der Gerichtsdiener als Zustellungsbeamten auszuüben haben, werden von dem Konsul bestimmt. Sofern diese Personen nicht bereits den Diensteid als Konsularbeamte geleistet haben, sind sie vor ihrem Amtsantritt auf die Erfüllung der Obliegenheiten des ihnen übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten.
Das Verzeichniß der Gerichtsvollzieher ist in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel bekannt zu machen.

§. 17.

Die Personen, die zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zuzulassen sind, werden von dem Konsul bestimmt. Die Zulassung ist widerruflich.
Gegen eine Verfügung des Konsuls, durch die der Antrag einer Person auf Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft abgelehnt oder die Zulassung zurückgenommen wird, findet Beschwerde an den Reichskanzler statt.
Das Verzeichniß der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen ist in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel bekannt zu machen.

§. 18.

Die Vorschriften der §§. 157 bis 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes und des §. 2 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden auf die Leistung der Rechtshülfe unter den bei der Ausübung der Konsulargerichtsbarkeit mitwirkenden Behörden sowie unter diesen Behörden und den Behörden im Reichsgebiet oder in den deutschen Schutzgebieten mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß für die im §. 160 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorgesehene Entscheidung, sofern die Rechtshülfe von dem Konsul versagt oder gewährt wird, das Reichsgericht in erster und letzter Instanz zuständig ist.

Dritter Abschnitt. Allgemeine Vorschriften über das anzuwendende Recht.

§. 19.

In den Konsulargerichtsbezirken gelten für die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen, soweit nicht in diesem Gesetz ein Anderes vorgeschrieben ist:

1. die dem bürgerlichen Rechte angehörenden Vorschriften der Reichsgesetze und der daneben innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des preußischen Allgemeinen Landrechts in Kraft stehenden allgemeinen Gesetze sowie die Vorschriften der bezeichneten Gesetze über das Verfahren und die Kosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
2. die dem Strafrecht angehörenden Vorschriften der Reichsgesetze sowie die Vorschriften dieser Gesetze über das Verfahren und die Kosten in Strafsachen.

§. 20.

Die im §. 19 erwähnten Vorschriften finden keine Anwendung, soweit sie Einrichtungen und Verhältnisse voraussetzen, an denen es für den Konsulargerichtsbezirk fehlt.
Durch Kaiserliche Verordnung können die hiernach außer Anwendung bleibenden Vorschriften, soweit sie zu den im §. 19 Nr. 1 erwähnten gehören, näher bezeichnet, auch andere Vorschriften an deren Stelle getroffen werden.

§. 21.

Durch Kaiserliche Verordnung können die Rechte an Grundstücken, das Bergwerkseigenthum sowie die sonstigen Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, abweichend von den nach §. 19 maßgebenden Vorschriften geregelt werden.

§. 22.

Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit die Vorschriften der Gesetze über den Schutz von Werken der Literatur und Kunst, von Photographien, von Erfindungen, von Mustern und Modellen, von Gebrauchsmustern und von Waarenbezeichnungen in den Konsulargerichtsbezirken Anwendung finden oder außer Anwendung bleiben.

§. 23.

Soweit die im §. 19 bezeichneten Gesetze landesherrliche Verordnungen oder landesherrliche Genehmigung vorsehen, treten an deren Stelle in den Konsulargerichtsbezirken Kaiserliche Verordnungen oder die Genehmigung des Kaisers.
Die nach diesen Gesetzen im Verwaltungsstreitverfahren zu treffenden Entscheidungen werden für die Konsulargerichtsbezirke in erster und letzter Instanz von dem Bundesrath erlassen.
Soweit in diesen Gesetzen auf Anordnungen oder Verfügungen einer Landes-Zentralbehörde oder einer höheren Verwaltungsbehörde verwiesen wird, treten an deren Stelle in den Konsulargerichtsbezirken Anordnungen oder Verfügungen des Reichskanzlers oder der von diesem bezeichneten Behörde.
Die nach diesen Gesetzen den Polizeibehörden zustehenden Befugnisse werden in den Konsulargerichtsbezirken von dem Konsul ausgeübt.
Bis zum Erlasse der im Abs. 1 vorgesehenen Kaiserlichen Verordnungen sowie der im Abs. 3 vorgesehenen Anordnungen oder Verfügungen des Reichskanzlers finden die innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des preußischen Allgemeinen Landrechts geltenden landesherrlichen Verordnungen sowie die dort geltenden Anordnungen oder Verfügungen der Landes-Zentralbehörden entsprechende Anwendung.

§. 24.

Soweit nach den im §. 19 bezeichneten Gesetzen dem Landesfiskus Rechte zustehen oder Verpflichtungen obliegen, tritt in den Konsulargerichtsbezirken an dessen Stelle der Reichsfiskus. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Rechte und Verpflichtungen, die für den Landesfiskus mit Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit eines Betheiligten begründet sind.
Geldstrafen fließen zur Reichskasse. Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, daß die wegen Zuwiderhandlung gegen einzelne Gesetze oder Verordnungen verhängten Geldstrafen einem anderen Berechtigten zufallen.

§. 25.

Die Rechtsverhältnisse der Schutzgenossen, die keinem Staate angehören, werden, soweit dafür die Staatsangehörigkeit in Betracht kommt, nach den Vorschriften beurtheilt, die für die keinem Bundesstaat angehörenden Deutschen gelten.
Die Rechtsverhältnisse der Schutzgenossen, die einem fremden Staate angehören, werden, soweit dafür die Staatsangehörigkeit in Betracht kommt, nach den für Ausländer geltenden Vorschriften beurtheilt.

§. 26.

Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit die Konsulargerichtsbezirke im Sinne der in den §§. 19, 22 bezeichneten Gesetze als deutsches Gebiet oder Inland oder als Ausland anzusehen sind.

§. 27.

Soweit die nach §. 19 zur Anwendung kommenden Gesetze auf die an einem ausländischen Orte geltenden Vorschriften Bezug nehmen, sind hierunter, falls es sich um einen Ort innerhalb eines Konsulargerichtsbezirkes und um die Rechtsverhältnisse einer der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Person handelt, die deutschen Gesetze zu verstehen.
Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit in einem Konsulargerichtsbezirke die von der dortigen Staatsgewalt erlassenen Vorschriften neben den deutschen Gesetzen als Gesetze des Ortes anzusehen sind.

§. 28.

Zustellungen an die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen erfolgen im Konsulargerichtsbezirke, sofern sie entweder in einer in diesem Bezirke vor den Konsul oder das Konsulargericht gehörenden Sache oder in nicht gerichtlichen Rechtsangelegenheiten auf Betreiben einer in dem Bezirke befindlichen Person zu geschehen haben, nach den Vorschriften über Zustellungen im Inlande. Falls die Befolgung dieser Vorschriften mit Schwierigkeiten verbunden ist, kann die Zustellung durch den Konsul nach den Vorschriften über Zustellungen im Auslande mit der Maßgabe bewirkt werden, daß an die Stelle des Ersuchens bei Zustellungen auf Betreiben der Betheiligten deren Antrag und bei Zustellungen von Amtswegen die Anzeige des Gerichtsschreibers tritt.
Im Uebrigen erfolgen Zustellungen im Konsulargerichtsbezirk an die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen nach den Vorschriften über Zustellungen im Ausland, und zwar in gerichtlichen Angelegenheiten mittelst Ersuchens des Konsuls und in nicht gerichtlichen Rechtsangelegenheiten auf einen von den Betheiligten an ihn zu richtenden Antrag.

§. 29.

Die Einrückung einer öffentlichen Bekanntmachung in den Deutschen Reichsanzeiger ist nicht erforderlich, sofern daneben eine andere Art der Veröffentlichung vorgeschrieben ist. Der Reichskanzler kann Ausnahmen von dieser Vorschrift anordnen.
Der Reichskanzler kann bestimmen, daß an die Stelle der Einrückung einer öffentlichen Bekanntmachung in den Deutschen Reichsanzeiger eine andere Art der Veröffentlichung tritt.

§. 30.

Neue Gesetze erlangen in den Konsulargerichtsbezirken, die in Europa, in Egypten oder an der asiatischen Küste des Schwarzen oder des Mittelländischen Meeres liegen, mit dem Ablaufe von zwei Monaten, in den übrigen Konsulargerichtsbezirken mit dem Ablaufe von vier Monaten nach dem Tage, an dem das betreffende Stück des Reichs-Gesetzblatts oder der Preußischen Gesetz-Sammlung in Berlin ausgegeben worden ist, verbindliche Kraft, soweit nicht für das Inkrafttreten ein späterer Zeitpunkt festgesetzt ist oder für die Konsulargerichtsbezirke reichsgesetzlich ein Anderes vorgeschrieben wird.

Vierter Abschnitt. Besondere Vorschriften über das bürgerliche Recht.

§. 31.

Auf Vereine, die ihren Sitz in einem Konsulargerichtsbezirke haben, finden die Vorschriften der §§. 21, 22, des §. 44 Abs. 1 und der §§. 55 bis 79 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung.

§. 32.

Die in den §§. 8 bis 10 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75, Reichs-Gesetzbl. 1899 S. 365), für die Errichtung deutscher Kolonialgesellschaften erlassenen Vorschriften finden entsprechende Anwendung auf deutsche Gesellschaften, die den Betrieb eines Unternehmens der im §. 8 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Art in einem Konsulargerichtsbezirke zum Gegenstand und ihren Sitz entweder im Reichsgebiet oder in einem deutschen Schutzgebiet oder in einem Konsulargerichtsbezirke haben.

§. 33.

Durch Kaiserliche Verordnung kann für einen Konsulargerichtsbezirk oder für einen Theil eines solchen angeordnet werden, daß statt der in den §§. 246, 247, 288 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und im §. 352 des Handelsgesetzbuchs aufgestellten Zinssätze ein höherer Zinssatz gilt.

§. 34.

Inhaberpapiere der im §. 795 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, die in einem Konsulargerichtsbezirke von einer der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Person ausgestellt worden sind, dürfen nur mit Genehmigung des Reichskanzlers in den Verkehr gebracht werden.

§. 35.

Durch Anordnung des Reichskanzlers kann bestimmt werden, wer in den Konsulargerichtsbezirken an die Stelle der Gemeinde des Fundorts in den Fällen der §§. 976, 977 und an die Stelle der öffentlichen Armenkasse einer Gemeinde im Falle des §. 2072 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu treten hat.

§. 36.

Die Form einer Ehe, die in einem Konsulargerichtsbezirke von einem Deutschen oder von einem Schutzgenossen, der keinem Staate angehört, geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599, Reichs-Gesetzbl. 1896 S. 614). Ein Schutzgenosse, der einem fremden Staate angehört, kann die Ehe in dieser oder in einer anderen, nach den Gesetzen seines Staates zulässigen Form schließen.
Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit in einem Konsulargerichtsbezirke die Beachtung der Vorschriften genügt, die von der dortigen Staatsgewalt über die Form der Eheschließung erlassen sind.

§. 37.

Durch Kaiserliche Verordnung können für die innerhalb der Konsulargerichtsbezirke belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmt werden, nach denen die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld im Sinne des §. 1807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzustellen ist.

§. 38.

Im Falle des §. 2249 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen nach §. 2250 errichtet werden; der §. 2249 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

§. 39.

Durch Kaiserliche Verordnung können für die Konsulargerichtsbezirke die der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Bestimmungen über die Hinterlegung und die Hinterlegungsstellen getroffen werden.

§. 40.

In Handelssachen finden die Vorschriften der im §. 19 bezeichneten Gesetze nur soweit Anwendung, als nicht das im Konsulargerichtsbezirke geltende Handelsgewohnheitsrecht ein Anderes bestimmt.
Handelssachen im Sinne des Abs. 1 sind die von einem Kaufmanne vorgenommenen Rechtsgeschäfte der im §. 1 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Art sowie die Angelegenheiten, die eines der im §. 101 Nr. 3a, d, e, f des Gerichtsverfassungsgesetzes aufgeführten Rechtsverhältnisse zum Gegenstände haben.

Fünfter Abschnitt. Besondere Vorschriften über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§. 41.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richtet sich das Verfahren vor dem Konsul sowie vor dem Konsulargerichte nach den Vorschriften über das Verfahren vor den Amtsgerichten mit der Maßgabe, daß auch die Vorschriften der §§. 348 bis 354 der Civilprozeßordnung Anwendung finden.

§. 42.

In Rechtsstreitigkeiten, die die Nichtigkeit einer Ehe zum Gegenstande haben, werden die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft von dem Konsul einer der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen, einem anderen achtbaren Gerichtseingesessenen oder sonst im Konsulargerichtsbezirke befindlichen Deutschen oder Schutzgenossen übertragen. Das Gleiche gilt in Entmündigungssachen sowie im Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung.

§. 43.

In den nach §. 7 Nr. 1 zur Zuständigkeit des Konsuls gehörenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet, sofern der Werth des Streitgegenstandes die Summe von dreihundert Mark nicht übersteigt, ein Rechtsmittel nicht statt.

§. 44.

Der Konsul ist zur Abänderung seiner durch sofortige Beschwerde angefochtenen Entscheidung auch außer den im §. 577 Abs. 3 der Civilprozeßordnung bezeichneten Fällen befugt.

§. 45.

Das Rechtsmittel der Berufung wird bei dem Konsul eingelegt. Die Einlegung erfolgt durch Einreichung der Berufungsschrift. Auf die Einlegung findet die Vorschrift des §. 78 Abs. 1 der Civilprozeßordnung keine Anwendung. Die Berufungsschrift ist der Gegenpartei unter Beachtung der Vorschriften des §. 179 der Civilprozeßordnung von Amtswegen zuzustellen. Der Konsul hat die Prozeßakten mit dem Nachweise der Zustellung dem Reichsgerichte zu übersenden.
Das Reichsgericht hat den Termin zur mündlichen Verhandlung von Amtswegen zu bestimmen und den Parteien bekannt zu machen.
Die Bekanntmachung des Termins erfolgt an den für die Berufungsinstanz bestellten und dem Reichsgerichte durch Vermittelung des Konsuls oder durch die Partei selbst rechtzeitig benannten Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten, in Ermangelung eines solchen an die Partei selbst.
Die im §. 520 der Civilprozeßordnung vorgesehene Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Termin dem Berufungsbeklagten bekannt gemacht worden ist.

§. 46.

Die Zwangsvollstreckung im Konsulargerichtsbezirk aus den bei der Ausübung der Konsulargerichtsbarkeit für diesen Bezirk entstandenen vollstreckbaren Schuldtiteln erfolgt gegen die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung im Inlande. Im Uebrigen wird die Vollstreckung im Konsulargerichtsbezirke gegen solche Personen durch den Konsul auf ein an ihn gemäß §. 791 der Civilprozeßordnung gerichtetes Ersuchen veranlaßt.

§. 47.

In den Fällen der §§. 110, 179 der Konkursordnung soll der Termin zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters und über die Bestellung eines Gläubigerausschusses sowie der Vergleichstermin nicht über zwei Monate hinaus anberaumt werden.
Diese Termine können bis auf drei Monate hinausgeschoben werden, wenn der Bezirk des Konsulargerichts, vor dem das Verfahren schwebt, nicht in Europa, in Egypten oder an der asiatischen Küste des Schwarzen oder des Mittelländischen Meeres liegt.
Der Zeitraum, der nach §. 138 der Konkursordnung zwischen dem Ablaufe der Anmeldefrist und dem allgemeinen Prüfungstermine liegen muß, soll mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monate betragen.
An die Stelle der in den §§. 152, 203 der Konkursordnung vorgesehenen Fristen tritt eine Frist von einem Monat, im Falle des Abs. 2 eine Frist von zwei Monaten.

§. 48.

Die Vorschrift des §. 18 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet auf eine durch Beschwerde angefochtene Verfügung des Konsuls keine Anwendung.

Sechster Abschnitt. Besondere Vorschriften über das Strafrecht.

§. 49.

In den Konsulargerichtsbezirken finden die von der dortigen Staatsgewalt erlassenen Strafgesetze soweit Anwendung, als dies durch Herkommen oder durch Staatsverträge bestimmt ist.

§. 50.

Durch Kaiserliche Verordnung kann bestimmt werden, inwieweit in den Konsulargerichtsbezirken die strafrechtlichen Vorschriften der allgemeinen Gesetze Anwendung finden, die innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des preußischen Allgemeinen Landrechts in Kraft stehen.

§. 51.

Der Konsul ist befugt, für seinen Gerichtsbezirk oder einen Theil des Bezirkes polizeiliche Vorschriften mit verbindlicher Kraft für die seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen zu erlassen und deren Nichtbefolgung mit Haft, Geldstrafe bis zum Betrage von eintausend Mark und Einziehung einzelner Gegenstände zu bedrohen. Diese Vorschriften sind sofort in Abschrift dem Reichskanzler mitzutheilen.
Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Konsul erlassenen polizeilichen Vorschriften aufzuheben.
Die Verkündung der polizeilichen Vorschriften sowie die Verkündung ihrer Aufhebung erfolgt in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel.

Siebenter Abschnitt. Besondere Vorschriften über das Verfahren in Strafsachen.

§. 52.

Der Konsul übt in Strafsachen die Verrichtungen des Amtsrichters und des Vorsitzenden der Strafkammer aus.

§. 53.

Die Zustellungen, die Ladungen, die Vollstreckung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die Strafvollstreckung werden durch den Konsul veranlaßt.

§. 54.

Im vorbereitenden Verfahren ist die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverständigen auch in den im §. 65 Abs. 2 der Strafprozeßordnung bezeichneten Fällen zulässig.
Die Vorschriften des §. 126 der Strafprozeßordnung finden keine Anwendung.

§. 55.

Erhält der Konsul von dem Verdacht eines zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der Schwurgerichte gehörenden Verbrechens Kenntniß, so hat er die zur Strafverfolgung erforderlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen sowie die Untersuchungshandlungen, in Ansehung deren Gefahr im Verzug obwaltet oder die Voraussetzungen des §. 65 Abs. 2 der Strafprozeßordnung zutreffen, vorzunehmen und demnächst die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen deutschen Gericht, in Ermangelung eines solchen dem Ober-Reichsanwalte zu übersenden. Im letzteren Falle wird das zuständige Gericht von dem Reichsgerichte bestimmt.

§. 56.

Gehört die strafbare Handlung zur Zuständigkeit des Konsulargerichts oder des Konsuls, so ist an Stelle der Staatsanwaltschaft der Konsul zum Einschreiten berufen. Er stellt insbesondere die der Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren obliegenden Ermittelungen an.

§. 57.

Eine Voruntersuchung findet nicht statt.

§. 58.

An die Stelle der öffentlichen Klage tritt in den Fällen, in denen nicht sofort das Hauptverfahren eröffnet wird, die Verfügung des Konsuls über die Einleitung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten. Diese Verfügung hat die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen.
Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, hat auch die Beweismittel anzugeben.

§. 59.

Die Vorschrift des §. 232 der Strafprozeßordnung findet auch dann Anwendung, wenn nach dem Ermessen des Gerichts die zu erwartende Freiheitsstrafe nicht mehr als sechs Monate beträgt.

§. 60.

Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

§. 61.

In das Protokoll über die Hauptverhandlung sind die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen aufzunehmen.

§. 62.

In den Fällen der §§. 45, 449 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei Wochen.

§. 63.

Gegen die wegen Uebertretungen erlassenen Entscheidungen ist, sofern eine Verurtheilung auf Grund des §. 361 Nr. 3 bis 8 des Strafgesetzbuchs erfolgt oder nur auf Geldstrafe oder auf Geldstrafe und Einziehung erkannt wird, ein Rechtsmittel nicht zulässig.
Im Uebrigen findet in Strafsachen gegen die Urtheile des Konsulargerichts das Rechtsmittel der Berufung statt.

§. 64.

Auf Beschwerden gegen Entscheidungen des Konsuls findet die Vorschrift des §. 23 Abs. 1 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.
In den Fällen des §. 353 der Strafprozeßordnung ist der Konsul zur Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung befugt.

§. 65.

Die der Staatsanwaltschaft zustehenden Rechtsmittel können gegen die Entscheidungen des Konsulargerichts von dem Konsul eingelegt werden.

§. 66.

In den Fällen der §§. 353, 355, 358, 360 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei Wochen.

§. 67.

Die Frist zur Anfechtung einer Entscheidung beginnt für den Nebenkläger im Falle des §. 439 der Strafprozeßordnung mit der Bekanntmachung der Entscheidung an den Beschuldigten.

§. 68.

Der Konsul kann Zeugen und Sachverständige, die zur Rechtfertigung der Berufung benannt sind, vernehmen und beeidigen, wenn die Voraussetzungen des §. 65 Abs. 2 der Strafprozeßordnung vorliegen. Die Protokolle über diese Vernehmungen sind dem Ober-Reichsanwalte zu übersenden. Die Vorschriften des §. 223 und des §. 250 Abs. 2 der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.

§. 69.

Der Angeklagte kann in der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht erscheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertheidiger vertreten lassen.
Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat keinen Anspruch auf Anwesenheit.
Soweit der Angeklagte die Berufung eingelegt hat, ist über diese auch dann zu verhandeln, wenn weder der Angeklagte noch ein Vertreter für ihn erschienen ist.

§. 70.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens kann von Amtswegen erfolgen.

§. 71.

Das Gesetz, betreffend die Entschädigung der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen, vom 20. Mai 1898 (Reichs-Gesetzbl. S. 345) findet mit folgenden Maßgaben Anwendung.
An die Stelle der Staatsanwaltschaft des Landgerichts tritt der Konsul. Die im §. 5 Abs. 3 vorgesehene Ausschlußfrist beträgt sechs Monate. Für die Ansprüche auf Entschädigung ist das Reichsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.

§. 72.

In Strafsachen, in denen der Konsul oder das Konsulargericht in erster Instanz erkannt hat, steht das Begnadigungsrecht dem Kaiser zu.

Achter Abschnitt. Besondere Vorschriften über die Kosten.

§. 73.

Die Gebühren der Gerichte und der Gerichtsvollzieher in den Konsulargerichtsbezirken werden im doppelten Betrage der Sätze erhoben, die in den nach §. 19 maßgebenden Vorschriften bestimmt sind.
Die Gebühr für eine Zustellung in den Konsulargerichtsbezirken nach den Vorschriften über Zustellungen im Auslande beträgt drei Mark.
Die den Gerichtsbeamten und Gerichtsvollziehern zustehenden Tagegelder und Reisekosten werden, soweit es sich um Konsularbeamte handelt, nach Maßgabe der für diese geltenden Vorschriften erhoben.

§. 74.

Die Erhebung und Beitreibung der Kosten wird durch den Konsul veranlaßt.
Die Regelung des Beitreibungsverfahrens erfolgt im Anschluß an die Vorschriften der Civilprozeßordnung durch Anordnung des Reichskanzlers.

§. 75.

Die bei der Ausübung der Konsulargerichtsbarkeit mitwirkenden Behörden haben einander zum Zwecke der Erhebung und Beitreibung der Kosten Beistand zu leisten.
Das Gleiche gilt für die Beistandsleistung unter diesen Behörden und den Behörden im Reichsgebiet oder in den deutschen Schutzgebieten. Dabei finden die gemäß §. 99 des Gerichtskostengesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1898 S. 659) erlassenen Vorschriften über den zum Zwecke der Einziehung von Gerichtskosten unter den Bundesstaaten zu leistenden Beistand entsprechende Anwendung.

§. 76.

Soweit die Gebühren der Rechtsanwälte durch Ortsgebrauch geregelt sind, kommt dieser zunächst zur Anwendung.

Neunter Abschnitt. Schlußbestimmungen.

§. 77.

Die im §. 2 bezeichneten Personen können nach den in Gemäßheit dieses Gesetzes in den Konsulargerichtsbezirken Anwendung findenden strafrechtlichen Vorschriften wegen eines Verbrechens oder Vergehens auch dann verfolgt werden, wenn sie die Handlung in einem Gebiete begangen haben, das keiner Staatsgewalt unterworfen ist.
Im Uebrigen können durch Kaiserliche Verordnung die in Gemäßheit dieses Gesetzes in den Konsulargerichtsbezirken geltenden Vorschriften in Gebieten der im Abs. 1 bezeichneten Art ganz oder theilweise für anwendbar erklärt werden. Soweit hiernach die Vorschriften über die Ausübung der Gerichtsbarkeit Geltung erlangen, ist der Reichskanzler befugt, an Stelle des Konsuls einen anderen Beamten zur Wahrnehmung der Gerichtsbarkeit zu ermächtigen; auch können als Gerichtsbeisitzer Personen zugezogen werden, die nicht Eingesessene oder Einwohner des Gerichtsbezirkes sind.

§. 78.

Dieses Gesetz tritt an einem durch Kaiserliche Verordnung festzusetzenden Tage in Kraft.

§. 79.

Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes an deren Stelle.

§. 80.

Der Reichskanzler hat die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Anordnungen zu erlassen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 7. April 1900.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.




Diese Reichsschuldenordnung ist am 22.03.2018 außer kraft getreten.

Titel: Diese Reichsschuldenordnung ist außer kraft getreten.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 11, Seite 129 – 134
Fassung vom: 19. März 1900
Bekanntmachung: 22. März 1900
Änderungsstand: 25. Februar 1904 (Änderungsgesetz)
Außerkraftsetzung: 22. März 2018 durch

RGBl-1803031-Nr06-Reichsschuldenordnung

Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2656.) Reichsschuldenordnung. Vom 19. März 1900.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Achtung: Dieses Gesetz wurde durch die neue Reichsschuldenordnung, zum 22. März 2018 außer kraft gesetzt, siehe RGBl-1803031-Nr06-Reichsschuldenordnung

§. 1.

Die Bereitstellung der außerordentlichen, im Wege des Kredits zu beschaffenden Geldmittel, welche in dem Reichshaushaltsplane zur Bestreitung einmaliger Ausgaben für Zwecke der Reichsverwaltung vorgesehen sind, erfolgt auf Grund einer gesetzlichen Ermächtigung des Reichskanzlers bis zur Höhe der bewilligten Summe in dem zu ihrer Beschaffung erforderlichen Nennbetrage durch Aufnahme einer verzinslichen Anleihe oder durch Ausgabe von Schatzanweisungen. Diese Ermächtigung enthält zugleich die Befugnis, Schatzanweisungen durch Ausgabe von neuen Schatzanweisungen und von Schuldverschreibungen in dem erforderlichen Nennbetrag einzulösen. Ueber die Ausführung des die Ermächtigung ertheilenden Gesetzes hat der Reichskanzler dem Reichstage bei dessen nächster Zusammenkunft Rechenschaft abzulegen.
Die Ermächtigung des Reichskanzlers, zur vorübergehenden Verstärkung der ordentlichen Betriebsmittel der Reichs-Hauptkasse nach Bedarf Schatzanweisungen auszugeben, hat gleichfalls durch Gesetz zu erfolgen.

§ 2.

Die Bestimmung darüber, zu welcher Zeit, durch welche Stelle und in welchen Beträgen Schuldverschreibungen der verzinslichen Anleihe ausgegeben werden sollen, steht, soweit nicht in der im §. 1 Abs. 1 vorgesehenen Ermächtigung ein Anderes vorgeschrieben ist, dem Reichskanzler zu. Das Gleiche gilt von der Bestimmung des Zinssatzes, der Kündigungsbedingungen und des Kurses, zu welchem die Ausgabe erfolgen soll.

§ 3.

Die Schuldverschreibungen nebst den dazu gehörenden Zinsscheinen und Erneuerungsscheinen werden von der Reichsschuldenverwaltung ausgestellt.

§ 4.

Die Gültigkeit der Unterzeichnung der auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Zinsscheine und Erneuerungsscheine hängt davon ab, daß dieselben vorschriftsmäßig ausgefertigt sind. Der Aufnahme dieser Bestimmung in die Urkunde bedarf es nicht.
Die Ausfertigung erfolgt bei den Schuldverschreibungen durch eigenhändige Unterzeichnung des Vermerkes „Ausgefertigt“ seitens des damit beauftragten Beamten, bei Zinsscheinen und Erneuerungsscheinen durch Aufdruck eines den Reichsadler enthaltenden Trockenstempels.

§ 5.

Die Tilgung der Anleihe geschieht in der Weise, daß die durch den Haushaltsplan dazu bestimmten Mittel zum Ankauf einer entsprechenden Anzahl von Schuldverschreibungen verwendet werden.
Die durch besondere Gesetze angeordnete Verminderung der Schuld durch Absetzung vom Anleihesoll ist einer Tilgung gleich zu achten.

§ 6.

Dem Reiche bleibt das Recht vorbehalten, die im Umlaufe befindlichen Schuldverschreibungen insgesammt oder in angemessenen Theilbeträgen zur Einlösung gegen Baarzahlung des Nennbetrags binnen einer gesetzlich festzusetzenden Frist zu kündigen.
Den Inhabern der Schuldverschreibungen steht ein Kündigungsrecht gegen das Reich nicht zu.

§ 7.

Die Bestimmung darüber, zu welcher Zeit und in welchen Beträgen Schatzanweisungen ausgegeben werden sollen, steht, soweit nicht in den im §. 1 vorgesehenen Ermächtigungen ein Anderes vorgeschrieben ist, dem Reichskanzler zu. Das Gleiche gilt von der Bestimmung des Zinssatzes und der Umlaufszeit; der Fälligkeitstermin ist in den Schatzanweisungen anzugeben.
Nach Anordnung des Reichskanzlers können Schatzanweisungen wiederholt, jedoch nur zur Deckung der in den Verkehr gelangten Schatzanweisungen ausgegeben werden. Schatzanweisungen oder Schuldverschreibungen, die zur Einlösung von fällig werdenden Schatzanweisungen bestimmt sind, hat die Reichsschuldenverwaltung auf Anordnung des Reichskanzlers vierzehn Tage vor dem Fälligkeitstermine zur Verfügung zu halten. Die Verzinsung der neuen Schuldpapiere darf nicht vor dem Zeitpunkte beginnen, mit dem die Verzinsung der einzulösenden Schatzanweisungen aufhört.
Die Umlaufszeit der zur vorübergehenden Verstärkung der ordentlichen Betriebsmittel der Reichs-Hauptkasse bestimmten Schatzanweisungen darf den Zeitraum von sechs Monaten nach dem Ablaufe des betreffenden Rechnungsjahrs nicht überschreiten.
Die Schatzanweisungen werden von der Reichsschuldenverwaltung ausgestellt; auf die Ausfertigung finden die Vorschriften des §. 4 Anwendung. Die Ausgabe der Schatzanweisungen wird durch die Reichskasse bewirkt.

§ 8.

Die für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe sowie für die Verzinsung und Einlösung der Schatzanweisungen erforderlichen Beträge müssen der Reichsschuldenverwaltung zur Verfallzeit aus den bereitesten Einkünften des Reichs zur Verfügung gestellt werden.
Welche Theile der Anleihe getilgt werden sollen, bestimmt in Ermangelung besonderer gesetzlicher Vorschriften der Reichskanzler.

§ 9.

Die Verwaltung der Reichsanleihe verbleibt bis auf Weiteres der Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden unter der Bezeichnung „Reichsschuldenverwaltung“. Für die Verwaltung sind die Vorschriften des preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 (Gesetz-Samml. S. 57) maßgebend. Die sich aus §. 6 des genannten Gesetzes ergebende unbedingte Verantwortlichkeit der Reichsschuldenverwaltung erstreckt sich auch darauf, daß eine Umwandlung der Schuldverschreibungen nur auf Grund eines sie anordnenden oder zulassenden Gesetzes und nach Bewilligung der erforderlichen Mittel vorgenommen wird.

Achtung: Dieses Gesetz wurde durch die neue Reichsschuldenordnung, zum 22. März 2018 außer kraft gesetzt, siehe RGBl-1803031-Nr06-Reichsschuldenordnung

§ 10.

Die obere Leitung steht dem Reichskanzler zu, soweit dies mit der der Reichsschuldenverwaltung beigelegten Unabhängigkeit vereinbar ist.

§ 11.

Der Präsident und die Mitglieder der Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden haben zu Protokoll zu erklären, daß sie den von ihnen gemäß §. 9 des preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 und §. 1 des preußischen Gesetzes vom 29. Januar 1879 (Gesetz-Samml. S. 10) geleisteten Eid auch für die durch bundes- oder reichsgesetzliche Bestimmungen ihnen übertragene Verwaltung der Reichsschulden als maßgebend anerkennen.
Das Protokoll ist dem Bundesrath und dem Reichstage vorzulegen.

§ 12.

Die Geschäfte der im §. 1 des preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 bezeichneten Staatsschulden-Kommission werden von einer Reichsschulden-Kommission wahrgenommen.
Die Reichsschulden-Kommission besteht aus sechs Bevollmächtigten oder stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrath, und zwar aus dem jedesmaligen Vorsitzenden des Ausschusses für das Rechnungswesen oder einem Stellvertreter des Vorsitzenden und fünf Mitgliedern des Ausschusses, sowie aus sechs Mitgliedern des Reichstags und bis zur Errichtung einer eigenen Rechnungsbehörde für das Reich aus dem Chefpräsidenten der preußischen Ober-Rechnungskammer in seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Chefpräsident des Rechnungshofs für das Deutsche Reich; der Chefpräsident ist für die durch dieses Gesetz ihm vorläufig übertragenen Verpflichtungen besonders zu beeidigen.

§ 13.

Der Bundesrath wählt jährlich aus den Mitgliedern des Ausschusses für das Rechnungswesen die der Reichsschulden-Kommission hinzutretenden Mitglieder. Die aus dem Reichstage zu entsendenden Mitglieder der Kommission werden von diesem mit Stimmenmehrheit für die Dauer der Legislaturperiode gewählt.
Scheidet vor dem Ablaufe der im Abs. 1 bestimmten Fristen ein Mitglied der Kommission aus dem Bundesrath oder dem Reichstag aus, so endigt damit auch seine Mitgliedschaft in der Kommission.
Die Verpflichtung der nach Abs. 1, 2 ausscheidenden Mitglieder erlischt jedoch erst mit dem Eintritt ihrer Nachfolger in die Kommission.

§ 14.

Den Vorsitz in der Kommission führt der Vorsitzende des Ausschusses des Bundesraths für das Rechnungswesen oder sein Stellvertreter, im Falle ihrer Verhinderung ein anderes dem Bundesrath angehörendes Mitglied der Kommission.
Die Beschlüsse der Kommission werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Zu einem Beschluß ist die Anwesenheit von mindestens fünf Mitgliedern erforderlich.

§ 15.

Die Reichsschulden-Kommission hat dem Bundesrath und dem Reichstage gegenüber dieselben Verpflichtungen, welche der preußischen Staatsschulden-Kommission den beiden Häusern des preußischen Landtags gegenüber obliegen.

§ 16.

Wird der Reichsschuldenverwaltung der Verlust einer Schuldverschreibung oder Schatzanweisung von dem bisherigen Inhaber mit der Behauptung angezeigt, daß die Schuldurkunde vernichtet sei, so hat ihm auf seinen Antrag die Reichsschuldenverwaltung eine neue Schuldverschreibung oder Schatzanweisung zu ertheilen, falls sie die Vernichtung der Urkunde für nachgewiesen erachtet. Die Kosten hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen.
Ist ein Zinsschein abhanden gekommen oder vernichtet, so ist der im §. 804 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Anspruch ausgeschlossen, ohne daß es der Ausschließung in dem Scheine bedarf.
Behauptet der bisherige Inhaber eines Zinsscheins, daß der Schein vernichtet sei, so finden die Vorschriften des Abs. 1 Anwendung.

§ 17.

Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung oder Schatzanweisung ist dasjenige Amtsgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirke die Reichsschuldenverwaltung ihren Sitz hat.
Durch Anordnung des Reichskanzlers kann die Anwendung der Vorschrift des Abs. 1 für einzelne Theile der Anleihe im voraus ausgeschlossen werden. Ueber die Ausführung einer solchen Anordnung hat der Reichskanzler dem Reichstage, wenn dieser versammelt ist, sofort, anderenfalls bei dessen nächster Zusammenkunft Rechenschaft abzulegen.

§ 18.

Soll eine Schuldverschreibung oder Schatzanweisung für kraftlos erklärt werden, so muß die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots und des Ausschlußurtheils, unbeschadet der Vorschriften der §§. 1009, 1017 der Civilprozeßordnung, auch durch einmalige Einrückung in eine in Hamburg, eine in Leipzig, eine in Frankfurt a. M. und eine in München erscheinende Zeitung erfolgen; die Bestimmung und die Veröffentlichung dieser Zeitungen im Deutschen Reichsanzeiger sind jährlich durch den Reichskanzler zu veranlassen.

§ 19.

Die Reichsschuldenverwaltung hat jährlich amtliche Listen der im abgelaufenen Rechnungsjahre für kraftlos erklärten Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen durch den Deutschen Reichsanzeiger und die im §. 18 bezeichneten Blätter sowie durch Aushang auf der Börse in Berlin und den Börsen der im §. 18 bezeichneten Orte zu veröffentlichen.
Die Reichsschuldenverwaltung kann noch andere Veröffentlichungen veranlassen.

§ 20.

Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. Der §. 6 des Gesetzes vom 9. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 157) und das Gesetz vom 12. Mai 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 91) sowie der §. 3 des Gesetzes vom 23. Februar 1876 (Reichs-Gesetzbl. S. 24) treten außer Kraft.
Im §. 16 Abs. 2 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 177) werden die Worte: „welcher zu diesem Zwecke ein vom Kaiser ernanntes Mitglied hinzutritt“ gestrichen.
Die nach Maßgabe des §. 3 des Gesetzes vom 23. Februar 1876 gewählten Mitglieder der Reichsschulden-Kommission sowie das auf Grund des §. 16 des Gesetzes vom 14. März 1875 vom Kaiser ernannte Mitglied werden für die Zeit, für welche sie gewählt oder ernannt sind, vollberechtigte Mitglieder der Kommission.

§ 21.

Von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an gelten für die vorher ausgestellten, auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Zinsscheine und Schatzanweisungen die Vorschriften der §§. 798 bis 802, 805 und des §. 806 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer abhanden gekommenen oder vernichteten Urkunde sowie die Vorschriften der §§. 17 bis 19 dieses Gesetzes.
Den vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgestellten Schuldverschreibungen, Zinsscheinen und Schatzanweisungen stehen diejenigen Schuldverschreibungen, Zinsscheine und Schatzanweisungen gleich, welche nach dieser Zeit auf Grund einer früheren gesetzlichen Ermächtigung ausgegeben werden.

§ 22.

Ein vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängiges gerichtliches Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer der im §. 21 Abs. 1 bezeichneten Schuldverschreibungen und Schatzanweisungen ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen des Verfahrens und der Entscheidung.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im Schloß, den 19. März 1900.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.

Achtung: Dieses Gesetz wurde durch die neue Reichsschuldenordnung, zum 22. März 2018 außer kraft gesetzt, siehe RGBl-1803031-Nr06-Reichsschuldenordnung




Verordnung, betreffend das Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung

Titel: Verordnung, betreffend das Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898.
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1900, Nr. 1, Seite 1
Fassung vom: 28. Dezember 1899
Bekanntmachung: 6. Januar 1900
Quelle: Scan auf Commons

(Nr. 2642.) Verordnung, betreffend das Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898. Vom 28. Dezember 1899.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen unter Zustimmung des Bundesraths auf Grund des §. 1 des Einführungsgesetzes zur Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898, was folgt:

Einziger Paragraph.

Die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 (Reichs-Gesetzbl. S. 1189 ff.) tritt am 1. Oktober 1900 in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 28. Dezember 1899.

(L. S.)  Wilhelm. 

  Fürst zu Hohenlohe.